MVJstories

MVJstories ist ein Blog, auf dem eine kleine Gruppe junger Schriftsteller Auszüge aus ihren Werken veröffentlicht. Feedback ist ausdrücklich erwünscht. Und nun viel Spaß beim lesen!

Mittwoch, 26. Dezember 2012

Frau Lenz macht jetzt Jugend – eine Komödie in einem halben Akt


von Sir John

Rums!
Wir sehen uns an, verwirrt, ein bisschen erschrocken.
Rums-rums-rums!
Irgendjemand haut gegen die Tür. Alle sehen den Schlagzeuger an, den Fachmann auf dem Gebiet jeglichen Schlagwerks, also auch, wie der Rest der Band zu denken scheint, zum Schlagwerk umfunktionierter Kirchentüren. Den großartigen Beziehungen zweier Bandmitglieder verdanken wir es, der quasi proberaumfreien Stadt zum Trotz seit zwei Wochen in einer Kirche üben zu dürfen.
Nun ist es also die Aufgabe des Schlagzeugers, die Ursache dieses Lärms an der Tür ausfindig zu machen. Ich seufze. Warum habe ich nicht Trompete gelernt?
Der leicht erregte ältere Gartenzwerg (geringer Wuchs, graues Haar, jedoch kein Bart), der draußen vor der Tür steht, lässt, als ich selbige öffne, etwas hinter seinem Rücken verschwinden und „unauffällig“ zu Boden fallen. War das wirklich ein faustgroßer Stein, dessen Anblick ich eben noch erhaschen konnte? Ich begutachte die tiefen Dellen in der uralten Holztür. Ja, das war definitiv ein Stein. Die Holzsplitter auf dem Boden und das feine Sägemehl an einem der herumliegenden Pflastersteine bestätigen meine Theorie, widerlegen jedoch gleichzeitig Jahrhunderte einfältigen Glaubens an schwindende Kraft und Impulsivität im Alter. Ich beschließe, dass der Mann, der mir zeitgleich mit meinen kriminalistisch anmutenden Beobachtungen eine wahre Springflut der Empörung entgegenschleuderte, wobei ich wirklich nicht zu sagen vermag, ob das Wort „Springflut“ in diesem Fall im wörtlichen oder übertragenen Sinne zu verstehen ist, nicht etwa ein rüstiger Rentner sondern eine getarnte Kampfmaschine sein muss, die nicht nur durch eine beeindruckende Körperkraft sondern auch durch den integrierten Wasserwerfer in der Lage ist, ihre Feinde das Fürchten zu lehren. In der Tat sind seine Ausführungen von nicht unbeträchtlichen Mengen feinen Sprühregens begleitet, die, von seinem nicht enden wollenden Atem getragen, die Luft mit einem feinen Nebel und meinen Pullover mit einem komplizierten Punktmuster feuchter Flecken versehen.
Ich habe noch nicht viel von der Botschaft des Grauhaarigen Zwergs aufgenommen, nur seine Unzufriedenheit mit unserem Hiersein ist deutlich zu spüren, als der Rest der Band die Mutterinstinkte nicht mehr im Zaum halten kann und nachschauen kommt, was denn aus ihrem Drummer geworden ist. Beim Anblick unseres unverhofften Gastes sehen sie erst ihn, dann mich schräg an und bemühen sich im Folgenden, den seine Ausführungen von Neuem beginnenden Opa zu verstehen. Auch ich habe jetzt die Umstände des geheimnisvollen Lärms ausreichend erforscht, um mich nun Sinn oder Unsinn der Beschwerden eines der hochdekorierten Mitglieder unserer Gesellschaft zu lauschen. Laut eigener Aussage. Das Problem ist in etwa folgendes.

In den ehrwürdigen Neubau-Wohnblocks um uns herum wohnen Menschen. Nicht irgendwelche Menschen, nein, diese sind, so unser Gegenüber, sämtlich nervenkrank und äußerst lärmempfindlich. Immer wenn nun diese armen Personen ihre Radios ausschalten können sie unsere Musik aus der Kirche hören. Er selbst findet das ja ganz toll, dass wir Musik machen, er sei ja selbst sehr engagiert, wolle sich aber jetzt nicht kümmern (worum auch immer) und überhaupt, ob wir denn eine Erlaubnis hätten?
Ja. Vom Pfarrer.
Der Pfarrer hier sei ihm auch sehr unsympathisch, er selbst sei ja nicht in der Kirche, aber der Pfarrer der Kirche drei Straßen weiter sei ihm viel sympathischer, ob wir nicht da mal nachfragen wollen...?
Und dort wohnen keine Menschen, die das stört?
Hmm, naja, aber man könne ja mal fragen, ansonsten müssten wir eben leiser proben.
In diesem Moment verschafft sich der Sänger Gehör, indem er den ohne Punkt und Komma quatschenden Herrn unterbricht, um ihn mit unserer Lautstärkeproblematik bekannt zu machen. Das Schlagzeug ist laut. Der Rest ist nicht zu hören wenn nicht ebenso laut. Lösungsvorschläge?
Ob man nicht das Schlagzeug leiser drehen könne?
Wie bitte?
In höflichem Ton erklärt der Sänger dem Unbedarften die Funktionsweise eines akustischen Schlagzeugs. Wir haben es nicht verstärkt, also können wir die Verstärkung auch nicht zurücknehmen. Ende.
Als Folge entbrennt ein verbaler Schlagabtausch über die Möglichkeit, ein unverstärktes Schlagzeug per Knöpfchen leiser zu drehen. Wir sind tatsächlich an jemanden geraten, der uns nicht glauben will, dass das nicht geht. Ich stelle mir vor, das lamentierende Kampfgerippe habe selbst einen Lautstärkeregler hinter dem einen und den Auslöser eines Selbstzerstörungsmechanismus hinter dem anderen Ohr und frage mich, welchen von beiden ich betätigen würde. Vielleicht auch beide nacheinander?
Als ich wieder auf Empfang schalte ist der Alte wieder bei seiner üblichen Leier angekommen. Nein, nicht ganz. Dieses Mal macht er uns mit der Möglichkeit vertraut, dass Anwohner das Ordnungsamt rufen könnten. Er selbst natürlich nicht. Er sei der Letzte, der uns etwas Schlechtes wünsche, er wolle uns nur schützen, weil, so hört es sich an, in den Blocks ringsum schon sämtliche Nachbarn die Messer wetzen. Das Ordnungsamt fackele da nicht lange, versichert er uns mit großen Augen, er wisse das, weil er selbst schon im Rechtswesen tätig gewesen sei, er sei ja mal Jurist gewesen. Und Diplomingenieur. Und in der Zeitung habe er auch schon gestanden, er wisse also, wovon er spreche.
Zum ersten Mal im Verlauf des Gesprächs schaue ich ihn interessiert an. Nicht, dass er etwas relevantes von sich gegeben hätte, aber nach dieser Aufzählung thematisch unpassender Erfolge erwarte ich eigentlich, dass er mindestens noch Mediziner und Literatur- sowie Friedensnobelpreisträger ist. Einen Moment lang denke ich darüber nach, ihm genüsslich mein Lesekönig-Diplom aus der Grundschule unter die Nase zu reiben, lasse es dann aber doch bleiben. Man muss sich ja nicht auf das geistige Niveau eines unterentwickelten Orang-Utans herablassen nur, um eine familiäre Atmosphäre zu schaffen.
Meinen interessierten Blick scheint dieser Herr jedoch missverstanden zu haben. Ermutigt durch den scheinbaren Erfolg seiner Worte fährt er fort, uns seines Wohlwollens zu versichern. Plötzlich fällt ihm eine Frau Lenz ein, die mal im Sozialamt um die Ecke gearbeitet hat. Nicht, dass die irgendetwas mit Musik am Hut hätte, aber der gute Mann sieht Leute vor sich, die eindeutig jünger sind als er selbst und da fällt ihm ein, dass es für jüngere Menschen Einrichtungen gibt, die sich um sie kümmern, so dass er sich nicht kümmern muss und dass die Frau Lenz damals vom Sozialamt zu irgendsoeinem Jugenddings gewechselt ist, wohin weiß er nicht. Im Sozialamt sollen wir nachfragen, wohin es Frau Lenz, die da vor fünf Jahren mal gearbeitet hat, inzwischen verschlagen hat. „Frau Lenz macht jetzt Jugend“ versichert er uns immer wieder.
Bitte was???
Frau Lenz macht Jugend? Sind wir jetzt schon für die Kinderwünsche einer ehemaligen Mitarbeiterin des Sozialamts zuständig? Meine Mutter hat auch mal Jugend gemacht und kann uns trotzdem keinen Proberaum verschaffen!!!
Eine weitere halbe Stunde geht ins Land, während der unser Gesprächspartner alles, was er bisher gesagt hat noch zwei- bis dreimal wiederholt und dabei jeden Einwand, den wir vorher schon gemacht haben, scheinbar wieder vergessen hat. Während der Bassist und ich auf Autopilot geschaltet haben und in den kurzen Atempausen im Argumentationsstakkato dieses Monuments der Redekunst abwechselnd zustimmend und ablehnend brummen, versuchen der Gitarrist und der Sänger weiterhin, vernünftige Argumente in die ansonsten sehr einseitige sowie sinnlose Diskussion zu schmuggeln. Doch Opa ist unerbittlich. Nach weiteren zehn Minuten, die er hauptsächlich dazu nutzt, uns immer wieder zu versichern, wie gut er es fände, dass wir Musik machen, wenn wir es nur irgendwo machten, wo er es nicht hört, zieht er, eine letzte Ordnungsamt-Drohung wie einen Abschiedsgruß murmelnd, von dannen.
Wir schauen uns an. „Frau Lenz macht jetzt Jugend?“ lässt sich der Sänger vernehmen. Ich muss grinsen, obwohl wir mit unserer Band nun schon zum zweiten Mal auf der Straße stehen. Dann gehen wir hinein, um unsere Instrumente zusammenzupacken.

Inzwischen haben wir einen Proberaum gefunden. Seit einigen Wochen üben wir in einem Jugendclub, wo es keinen kümmert, wie laut wir sind. Der einzige Nachbar ist eine Autowerkstatt, alles ist gut.
Frau Lenz haben wir nicht erreicht. Wir haben gar nicht erst nach ihr gefragt. Es gibt Dinge im Leben, die ein Mann ohne die Hilfe von ehemaligen Sozialamttanten lösen muss. Nicht viele, aber es gibt sie. Vom Waldschrat aus der Kirchennachbarschaft haben wir seither nie mehr etwas gehört.

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Abends


Gegen 21 Uhr stehe ich von meinem Rechner auf und bewege mich träge in die Küche. In der Futterschüssel meines Katers befindet sich eine Stoffmaus die er sonst durch die ganze Wohnung jagte. Ich hatte mich schon oft gefragt wie er mit diesem Ding so viel Spaß haben konnte. Nun fragte ich mich, ob er sie bewusst dort rein gelegt hatte um mir etwas zu sagen.
Ich hebe die Schüssel auf und hole das Katzenfutter aus dem Kühlschrank… bla. Der Vorgang sollte jawohl jedem auch Nichthaustierhalter bekannt sein.
Anschließend öffne ich den Kühlschrank erneut um die Spinnennetze zu beobachten*.
Drei Flaschen Bier, Käse, 4 Eier, Knoblauchsoße… Ich gucke mir das Bier etwas genauer an. Oetinger bäh!... Wer hat das denn gekauft?
Ich durchsuche noch weitere Schränke nach etwas essbarem. In einem Finde ich eine leere Packung Müsli und eine fast leere Packung Kornflakes sowie verschiedenste Teesorten. Ein anderer bietet ein etwas größeres Sortiment: Mehl, Rohrzucker, Reis, Nudeln, brauner Rohrzucker, Reis, Milchreis, Ein Kaffeefilter, Fairtrade Rohrzucker und Backpulver. Naja bin kein Rohrzuckerfan.
Nachdem ich erneut den Kühlschrank durchsucht hab, mich gefragt wo die Spinnen sind derer Netze das sein müssen* und Bei Facebook ungefähr folgendes in meinen Status geschrieben habe: „Der Kühlschrank gibt nich viel her. Soll ich zum Abendbrot nen Bier trinken? Warum is der Kühlschrank immer an Sonn- oder Feiertagen leer?“, durchsuche ich die Küche erneut auf Vorräte. Ich finde noch 11 Erdnüsse in einer Schüssel in welcher sich ansonsten nur noch Erdnussschalen befinden. Ich öffne das Tiefkühlfach. Wo die Fiecher überall ihre Netze bauten. Verrückt… Hätt mir aber auffallen sollen als ich zum Frühstück/Mittag* die Letzte Pizza gegessen hatte.
Ich setze mich hin und denke nach während ich meine errungenen Erdnüsse esse. Ich frage mich ob ich wirklich hunger habe, oder nur versuche dem Gesellschaftlichen Zwang nachzukommen meinen Tagesablauf nach bestimmten Mahlzeiten zu richten. Ich komme zu keinem Schluss, tippe aber eher auf letzteres.
Ich hole mir eine Schüssel und die übrigen Kornflakes und beginne peinlich darauf bedacht, dass das Kornflakespulver und kleinere Krümel welche sich immer mit den letzten Kornflakes in die Schüssel bewegen wollen nicht drinnen landen. Ich hätte die Kornflakes auch einzeln mit den Fingern rausholen können. Währ schneller gegangen.
Ich gehe zum Kühlschrank. Verdammt! Keine Milch mehr.

*Achtung Stilmittel. Also ne Metapher oder sowas. Der Schriftsteller wollte damit ausdrücken, dass der Inhalt nicht sehr vielseitig ist.
*So groß müssten sie ja nicht mal sein. Zum Abend soll man ja eh nich so viel essen.
*Nach dem Aufstehen

03.10.12
Victor Ian Clockwork

Donnerstag, 20. September 2012

Was ich hier mache


Was ich hier mache?! Du willst wissen, was ich hier mache? Nun Gut. Wenn du es wirklich hören willst, erzähle ich es dir. Also:
Es fing alles ganz harmlos an. Ich war auf dem Weg zu meinem Praktikum. Wie eigentlich jeden Tag außer mittwochs, jede zweite Woche donnerstags sowie Ferien und Feiertagen. Also ich war auf dem Weg. Ich bin extra pünktlich los gegangen um meine Bahn noch zu erwischen und habe auch eine Bahn früher genommen, weil ich immer noch nicht weiß wie meine Anschlussbahn fährt. Um dies zu schaffen bin ich extra zeitig aufgestanden. Das bedeutedt10 Minuten früher aber das ist auch schon die Zeit für eine Tasse Kaffee. Somit hatte ich genug Zeit zu frühstücken musste allerdings nach einem Blick in den Kühlschrank feststellen, dass nicht viel zu frühstücken da war. Also habe ich einfach einen Holundertee getrunken da ich es geschafft habe mich auch bei diesen Temperaturen zu erkälten. Allerdings bin ich nicht der einzige denn aus meiner Schulklasse haben am gestrigen Mittwoch ein paar Leute gefehlt die scheinbar ebenfalls eine Erkältung haben oder hatten. Nun also… ähm… ich habe kein Frühstück gegessen sondern Tee getrunken und gewartet bis es Zeit war los zu gehen. Es heißt ja so schön: Abwarten und Tee trinken.
Als es Zeit war los zu gehen, bin ich los gegangen und habe meine Bahn auch bekommen. Ich bin eingestiegen und habe mir einen Fahrschein gekauft. Da ich eine Haltestelle später wieder aussteigen musste, habe ich mich nicht hingesetzt. An der wie gesagt nächsten Haltestelle bin ich ausgestiegen und sah von der Ampel aus komme wie meine Bahn davon fuhr. Am Fahrplan las ich, dass ich Zehn Minuten warten musste daher beschloss ich, mir in einem nahegelegenen Bäcker etwas zum Frühstück zu kaufen. Neben einem Belegten Brötchen und einer Bretzel, nahm ich noch einen Kaffee. Dann stand ich ewig in der Schlange. Es war wirklich ewig. Zumindest acht Minuten denn als ich aus dem Bäcker kam, konnte ich beobachten, wie meine Bahn erneut weg fuhr. Ich bin übrigens davon ausgegangen, dass ich für den Blick auf den Fahrplan, dem Weg zum Bäcker und der Wahl meines Einkaufs, zwei Minuten dauerte.
Also meine Bahn ist weggefahren und nun stand ich da. Als ich dann meinen Blick von der, in der Ferne verschwindende Straßenbahn abwandte und zurück zur Haltestelle Blickte, sah ich gerade wie eine Alternativbahn gerade ankam welche zwar einen Umweg von vier Minuten fuhr aber selbst das war besser als Zehn Minuten zu warten und am Ende zu spät zu kommen. Ich rannte also los als würde es um mein Leben gehen. Dabei verschüttete ich circa die Hälfte meines Kaffees, trat einem Penner in den Magen, schmiss einen Straßenmusiker um, schubste einen Alten Opa vor eine Straßenbahn, und zerrte beim eisteigen immer noch voll in rage einen anderen gerade einsteigenden Fahrgast aus der Bahn und schleuderte ihn gegen ein Haltestellenschild. Da ich nun etwas länger zu fahren hatte genau gesagt fünfzehn Minuten, du erinnerst dich daran dass die Bahn einen vier minütigen Umweg fuhr, setzte ich mich hin. Ich trank noch ein bisschen Kaffee, packte mein belegtes Brötchen aus und dann kamst du und fragtest mich was ich hier mache… Zufrieden?... Ja?... Gut! Ich muss raus.

20.09.12
Victor Ian Clockwork 

Sonntag, 2. September 2012

Aus dem Tagebuch Clockworks - Die Dienerin teil 2



Als
Vivian zu sich kam, sah sie nichts. Sie musste erst begreifen, dass ihre Augen geschlossen waren und ihre Augenlieder somit das Licht abschirmten. Diese Gedankengänge kamen ihr selbstverständlich nicht exakt so wie ich es hier beschrieben habe. Dafür waren ihre Gedankengänge noch viel zu wirr und für sie selbst nicht steuerbar.
Als sie soweit wieder bei sich war, dass sie wieder in der Lage war ihre Körperteile zu bewegen und sie beschloss, sich hinzusetzen, musste sie feststellen, dass sie bereits saß. Ihre Beine an den Boden, und ihre Arme an die Wand gekettet. Nur langsam wurde ihr bewusst, dass James hinter ihren wirklichen Grund für ihr erscheinen gekommen war. Doch dass Jerome sie mit dem Leben ihrer Familie erpresst hatte, wusste er nicht. Sollte er wirklich ein so großes Herz haben, würde er dies vielleicht verstehen. Sie musste ihm sagen was ihr echtes Motiv war und ihn dazu bewegen, sie gehen zu lassen. Wenn sie Glück hatte, würde er auch ihrer Familie helfen. Dann könnte sie ihre Mutter, ihre kleine Schwester und ihren kleinen Bruder endlich wieder in den Armen halten. Ihre Schwester war doch erst vier und ihr Bruder gerade mal 12. Und ihre Mutter… sie war schwer krank. Umso länger sie nachdachte, umso mehr, kam ihr die Vermutung, der gutmütige Sir James von Grünlanden, würde sie hier verrotten lassen. Sie wusste ja nicht einmal wie lang sie dort schon saß. Vivian bekam Panik. Was wenn James in Wirklichkeit ein kaltblütiger Mörder war. Immerhin, hatte er ja scheinbar kein Problem damit gehabt, sie zu vergiften, in einen dunklen Raum zu befördern, welcher vermutlich ein Keller oder ähnliches war und sie anzuketten. Wenn ein Mensch dauerhaft der Dunkelheit ausgesetzt ist und noch dazu nicht in der Lage ist sich zu bewegen, wird er schnell mal verrückt. Vivian‘ s Augen hatten sich in der Zwischenzeit an die Dunkelheit gewöhnt. Doch dies machte es nur schlimmer denn nun konnte sie Dinge erkennen, die sie nicht sehen wollte. Dabei waren Ratten und Spinnen noch das geringste Übel auch wenn sie dadurch das Gefühl bekam irgendetwas würde an ihr herumkrabbeln. Und dies ist schon unglaublich furchtbar, wenn man sich nicht bewegen kann.
Mich interessierte damals keineswegs was James mit seinen Feinden machte. Und das war sie. Eine Feindin. Auch wenn sie wohl erhoffte von James frei gelassen zu werden so war sie doch für alles selbst verantwortlich.
Drei Tage ließ James sie dort unten liegen. Er hatte zuvor bereits ein Brot und einen Kanister Wasser bereitgestellt. Doch dies half ihr nur, falz sie herankam. Sonst war es nur zusätzliche Quälerei. Und es reichte aus Ihr ganz und gar verrückt werden zu lassen. Ich muss ehrlich sagen, ich hatte schon weitaus Willensstärkere Menschen gesehen. Welche, die das Essen, währen sie ran gekommen in den Boden gestampft hätten und wenn James dann endlich kam nicht zu Betteln dass er sie frei ließe. Es gab Leute, so erzählte mir James, welche einen Monat ohne zu essen, zu trinken und ganz und gar ohne zu sprechen ausgehalten hatten. Dann sind sie allerdings verreckt. Nun muss man allerdings auch berücksichtigen, dass diese Menschen im tiefsten Inneren einen Hass gegen James schürten. Miss Vivian hingegen arbeitete auf Befehl und unfreiwillig. Doch James behandelte alle gleich. Er wollte jedem eine zweite Chance geben. Vermutlich auch weil er nicht genug Leute hatte die ihn unterstützten. Er brauchte allerdings geschickte Spione, Assassinen, Auftragskiller, Kämpfer und so weiter. Was er nicht brauchte, war eine kaum 20 Jahre alte Göre, die nicht einmal selbst entscheiden konnte, gegen wen sie war. James wollte keine Frau er hatte schon einmal eine verloren. Und das war wohl der härteste Schlag, den er je abbekommen hatte. Ein Schlag, der noch heute Narben zeigte. Man musste ihm lediglich in sein Gesicht schauen. In seinen Augen stand Schmerz. Was mich anging, ich hatte meine Begeisterung für Frauen irgendwann verloren. Vermutlich weil sie nie begeistert von mir waren. Sie wollten einen reichen, schönen und vor allem sauberen Mann. Und keinen verdreckten armen Abenteurer. Wenn ich mich einmal wusch, dann unter freiem Himmel wenn es regnete und ich versuchte meine einzige Liebe durch den Sturm zu Manövrieren. Doch ich schweife gerade ab.
Wie bereits gesagt, saß Vivian drei Tage in dem Keller ohne dass James auch nur an sie dachte. Er wollte sich sein Leben nicht unnötig verderben weil er sich um irgendeine Gefangene kümmern musste. Auch sein Gewissen hatte er mit der Zeit gelernt auszuschalten. Und dieses blieb erst einmal aus während er zu Vivian herunter ging.
„Guten Morgen Miss Vivian.“ Sagte er
„Guten Morgen?“
„Ja es ist 09:00 Uhr früh.“
„Man verliert schnell sein Zeitgefühl, wenn man einfach nur gefangen ist.“
„Ich versichere ihnen Miss Vivian, es war genug Zeit darüber nachzudenken warum sie Gefangen sind.“
„Ich habe nichts verbrochen. Sie haben mir ja nicht mal die Chance gegeben.“
„Ach kommen sie. Währe es andersrum gewesen und sie hätten mich vor etwas beschützen wollen, währen aber zu spät gewesen weil ich bereits tot oder schon gewarnt gewesen währe, dann…  ja dann hätten sie gesagt: Es ist der Wille der zählt. Und so ist es! Es ist der Wille der zählt!“
„Vielleicht war ich aber gar nicht bösen willens hier, sondern aus Verzweiflung.“
„Sind sie dann wirklich besser als ich? Sie bringen mich aufgrund von ihren persönlichen Problemen in Gefahr. Ich nehme sie für meine persönliche Sicherheit gefangen.“
Vivian sagte nichts. Sie sah zu Boden. James sah ihr in die Augen. Dies machte die meisten Leute endgültig verrückt. Dieser starre Blick welcher nur auf sie gerichtet war und auf keinen anderen.
Nach einer Weile, lockerte James seinen Blick und sagte: „Sie arbeiten also für Lord Jerome.“
Vivian sagte nichts und starrte weiter den Boden an.
„Womit hat er sie erpresst?“
Vivian erschrak und sah James kurzzeitig überrascht in die Augen. Dann sah sie wieder zu Boden. Diesmal aber betroffen: „Er hat meine Familie gefangen genommen.“
„Und sie sollten besondere Informationen über mich herausfinden um ihre Familie zu retten.“
„Ganz genau so.“
„Glauben sie mir, wenn ich sage, dass er dadurch bestenfalls euch verschont hätte. Lord Jerome ist nicht gerade jemand der sich an Abmachungen hält.“
Vivian schwieg. Nach einer Weile des Schweigens, sagte James: „Ich werde ihre Familie da rausholen. Sie bleiben allerdings vorerst noch hier.“
Dann wandte er sich um zu Henry welcher die ganze Zeit hinter ihm gestanden hatte: „Mach ihre Arme Los, damit sie etwas essen und trinken kann.“
Henry nickte und schloss die Handschellen auf. Vivian rieb sich die Handgelenke und guckte Henry grimmig an. Sie machte auch keine Anstalten sich auf das Essen zu stürzen. Doch sowohl Henry als auch James wussten, dass es lediglich ihr Stolz war der nicht essen wollte während ihre Gastgeber noch im Raum waren. So wie sie oben waren und die Tür hinter sich schlossen, würde sie anfangen zu essen.

Als James wieder in seinem Haus war, wandte er sich an mich. Ich hatte ihn bisher lediglich manchmal kurz gesehen. Er hatte mir ein Zimmer zu Recht machen lassen, mir noch einmal deutlich gemacht, dass ich mich wie zu Hause fühlen sollte und sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen. Er arbeitete da, aß da, schlief da und ich hatte keine Ahnung was er tat, wenn er einmal auf Toilette musste.
Doch nach drei Tagen, wandte er sich an mich. Nicht etwa mit Worten wie: So mein Freund jetzt lass uns mal deinen Besuch feiern. Nein! Er begrüßte mich mit: „Victor, ich habe einen Auftrag, bei dem du mir bitte behilflich sein solltest.“
„Worum geht es denn?“ fragte ich „Du weißt ich mach hier so zusagen Urlaub.“
„In diesem Haus ist Urlaub nicht sicher mein Freund.“
„Na gut was soll ich über wen herausfinden?“
„Du sollst nichts herausfinden. Du müsstest bitte die Familie von Miss Vivian aus der Gefangenschaft holen und mit Lord Jerome… naja mach mit ihm was du willst. Du hast ja deine Methoden.“
„Das ist Wahnsinn! Du weißt wie es endet, wenn ich jemanden befreien soll oder beschützen soll. Alles was sie bekommen, ist ein schmerzloser Tod!“
„Du musst lediglich ihre Zelle öffnen und sagen: Jetzt seid ihr auf euch allein gestellt!
„Und wo ist die Zelle?“
„Ich weiß es nicht. Vielleicht auf Lord Jeromes Anwesen?“
„Ich tue mein bestes. Ich mach mich Morgen Nacht auf den Weg.“
Ich stand auf und ging. Nicht auf mein Zimmer. Nein ich ging zu meinem Luftschiff. Das heißt ich ging dahin wo ich wusste, dass mein Luftschiff war denn es befand sich über den Wolken. Dort angekommen, rief ich: „Me is Seal!“
Zurück kam die Antwort: „Wel Saal le me Ed!“ und kurz darauf fiel ein Seil vom Himmel. Ich hielt mich fest, zog einmal kräftig daran und das Seil wurde inklusive mir in das Schiff hineingezogen. Dieser kleine Wortwechsel, bedeutete eigentlich nichts anderes als: Ich bin frei! und Lass Sonne in mein Herz! Es erscheint zwar sinnlos doch so begrüßen sich die Luftbewohner wenn sie sich mal begegnen. Die Worte sind aus der alten Sprache der Alchemisten und beruhen auf einer kleinen Anekdote in welcher ein Alchemist versuchte sein Herz mit einer Eisenschicht zu umhüllen um sich vor Gefühlen zu schützen und um nicht mehr verletzt werden zu können. Tatsächlich fand er dann auch eine Möglichkeit dies zu schaffen und als er sein Herz in Eisen eingeschlossen hatte und merkte dass es Funktionierte, rannte er auf die Straße und brüllte in der Sprache der Alchemisten: „Ich bin frei!“ Doch nach und nach, breitete sich eine Art Kälte in ihm aus. Er merkte was es bedeutete nicht mehr fühlen zu können. Er lernte ein Mädchen kennen und konnte sie nicht lieben! Er konnte nicht weinen, als sein Vater starb! Er verlor sämtliche Begeisterung für sein Handwerk. Aufgrund dieser Tatsache, war er auch nicht in der Lage das Eisen wieder zu entfernen. Er verzweifelte und aus dieser Verzweiflung heraus, brüllte er: „Lass Sonne in mein Herz!“
Zuletzt, war er so verzweifelt, dass er sich eigenhändig sein Herz entfernte. Weiter ist nichts von diesem Mann bekannt.
Auch das Luftvolk entsagte vielem und dies machte sich auch gelegentlich bemerkbar. Dieser kleine Dialog, bedeutet, dass Freiheit seinen Preis hat. Von uns spricht niemand die Sprache der Alchemisten sondern jeder seine eigene. Überhaupt findet man in der Luft nicht viele Alchemisten, da diese auf Ingredienzien angewiesen sind. Und die wenigsten wachsen in der Luft. Obwohl es heißt, ein guter Alchemist bräuchte nichts für einen Trank. Doch dafür muss man wahrscheinlich schon sehr gut sein.

Auf dem Luftschiff angekommen, schauten mich erst einmal viele hoffnungsvolle Gesichter an. Ich versammelte all diese Gesichter um mich und sagte: „Dieser Aufenthalt wird doch etwas länger.“ Enttäuschung machte sich breit „Ich gebe euch voraussichtlich eine Woche Urlaub. Den könnt ihr verbringen wie immer ihr wollt.“ Die Gesichter erhellten sich. Einige packten alles von Wert ein was sie persönlich besaßen, und verließen das Schiff. Ich ging in die Waffenkammer und begann mir herauszusuchen was ich benötigte. Was ich benötigte, waren Rauchbomben, kleinere Brandbomben, eine Schusswaffe und ein Messer. Letzteres hatte ich allerdings immer bei mir. Rauch- und Brandbomben fanden sich schnell wir hatten immer welche auf Reserve und jeder bei uns konnte so etwas Basteln. Nun die Tatsache, dass die Crew drei Tage nichts zu tun hatte und allgemeine Langeweile herrschte, bedeutete dass Bomben gebaut wurden, Waffen gesäubert und Kugeln gegossen. Ich hatte eine tolle Crew.
Die Wahl einer anständigen Schusswaffe war immer schwer. Sie musste klein aber effektiv sein. Meist entschied ich mich für einen einfachen  Revolver. Eher klein als effektiv.
Als ich grade wieder nach dem Revolver greife, tippt mir jemand auf die Schulter: „Das wird nicht gut gehen Clockwork.“ Sagt Leon zu mir.
„Was wird nicht gut gehen?“ frag ich
„Der Auftrag von James. Ich hab ein böses Gefühl dabei als würde diese Geschichte schwere Zeiten für uns bedeuten.“
„Ich werde es überleben!“ sag ich mit Nachdruck
„Wenn du darauf bestehst. Aber es bedeutet Schwierigkeiten das verspreche ich und ich werde dir folgen.“
„Meinetwegen. Zu zweit ist immer sicherer. Also bitte, Wir gehen Morgen Abend los.“

Samstag, 1. September 2012

Schöpfung

von Sir John

Jemand ist allein. Er sitzt allein auf einer Kugel, die sich durch den Raum bewegt. Gesellschaft hat er nie gekannt, nie gab es ein anderes Wesen außer ihm, aber dennoch spürt er, dass ihm etwas fehlt. Eine Leere herrscht in seinem Inneren und erfüllt ihn mit Unruhe. Jemand kennt das Gefühl noch nicht, aber wenn er mit jemandem von uns sprechen könnte, würde dieser ihm sagen, dass es sich um Langeweile handelt.
Ja, Jemandem ist langweilig. Schon seit langer Zeit ist er mit seiner Kugel unterwegs, solange er zurückdenken kann. Andererseits auch kurz, da ihm jeder Anhaltspunkt fehlt, um die Zeit zu messen. Keine Tage und Nächte, keine Tätigkeit, nach deren Fortschreiten man die Zeit hätte festlegen können, nur eine endlose Abfolge, nein, ein Strom der Existenz.

Jemand hat Zeit. Er verändert sich nicht, nichts verändert sich. Er kommt ins grübeln, denkt über alles mögliche nach, über alles jedenfalls, was aus seiner Position heraus erfassbar ist und erkennt schließlich, dass der einzige Weg aus seiner Langeweile ist, selbst etwas zu verändern. Für Jemanden, dem das Prinzip der Veränderung nicht bekannt ist, ist dies eine außergewöhnliche Erkenntnis.
Zwei Möglichkeiten fallen ihm ein, wie er etwas verändern könnte. Erschaffen oder zerstören. Die Entscheidung fällt ihm nicht schwer. Nicht, weil er das Zerstören als moralisch verwerflich betrachtete, Moral ist ihm noch fremd, noch hatte niemand die Möglichkeit, sie zu entwickeln, sondern aus dem einfachen Grund, dass das Erschaffen seiner Existenz für eine längere Zeit einen Inhalt zu geben verspricht. Nach Zerstörung seiner Kugel bliebe ihm nur noch die Zerstörung seiner selbst, mehr Material war nicht vorhanden. Erschaffen kann er ohne Grenzen.
So macht sich Jemand ans Erschaffen. Natürlich hat er nicht die geringste Vorstellung, wie das geht, aber er hat auch keine Vorstellung, was nicht geht. So formt er aus nichts etwas Neues ohne um die Unmöglichkeit dieses Vorgehens zu wissen.
Form und Eigenschaften seines Werks sind seiner Kugel nachempfunden. Eine andere Vorstellung von Existenz hat er ja auch noch nicht, da er sich selbst nicht als Ganzes wahrnehmen kann. Er baut also eine weitere Kugel und als er mit der fertig ist noch eine. Seine Zeit ist nun mit Beschäftigung erfüllt, sein Problem gelöst. Wenn ihm von der Eintönigkeit seiner Arbeit langweilig zu werden droht beschäftigt er sich eine Zeit lang damit, seine einzelnen Werke in Beziehung zueinander zu setzen, sie zu gruppieren und mit Gesetzen und Kräften auszustatten, die an ihnen ziehen.
Nun dauert es zwar lang, bis Jemand eine neue Kugel fertiggestellt hat, da jedoch die Zeit, die ihm dafür zur Verfügung steht unendlich ist, hat er mit der Zeit eine unüberschaubare Masse von Kugeln gefertigt, die den Raum um ihn herum bevölkern. Diese Kugeln beginnen, ein gewisses Eigenleben zu führen. Innerhalb der Gesetze, die Jemand ihnen gegeben hat, gruppieren sich die Kugeln. Sie kreisen umeinander, verbinden sich zu starren Formationen und bilden dadurch ganz neue Gebilde, die wiederum miteinander reagieren und verschmelzen und schließlich, nach einer sehr langen, wenn auch noch nicht in Jahren gemessenen Zeit, bilden sie im Großen ab, was im Kleinen schon existiert. Umeinander kreisende Kugeln.
Als Jemand dies sieht, ist er sehr beeindruckt. Die neuen Formen, die Ordnung im Chaos, all das fasziniert ihn ungemein. Er sieht, wie viel anderes man noch erschaffen kann, viel mehr als immer nur Kugeln. Wie viel anderes man aus seinen Kugeln schaffen kann.
Jemand fängt wieder an zu grübeln. Er hat all dies erfunden und gefügt, er war es, der die Idee hatte, aus der all dies entstand, die Idee, etwas zu bauen. Wenn nun aber all diese Dinge es geschafft hatten, ohne Plan und Ziel eine Ordnung, ein System zu bauen sollte es ihm doch möglich sein, viel großartigere Dinge in die Welt zu setzen. Nur: Was kann das sein? Es muss anders sein als alles, was er bisher geschaffen hat, anders als all das, was sich auch ohne seine Kontrolle zu bewegen versteht.
Versteht? Stellt das wirklich eine Form von Verstand dar? Oder hat der Zufall all dies geordnet? Was unterscheidet ihn selbst eigentlich von seinen Werken? Lange denkt er über diese Fragen nach. Schließlich kommt Jemand auf folgende Lösung. Der wichtigste Unterschied zwischen ihm und seinen Geschöpfen ist der, dass er selbst Dinge erschaffen kann. Seine Kugeln können sich innerhalb der von ihm geschaffenen Grenzen so bewegen, wie es der Zufall gebietet, aber sie handeln nicht aus eigenem Antrieb.
Das, so erkennt er, ist auch die Antwort auf seine Frage, was er noch bauen könne. Ein Wesen, dass wie er ist, das aus eigenem Antrieb handelt und Dinge erschafft. Welches Geschöpf könnte seinem Schöpfer mehr Ehre machen?
Sofort macht er sich ans Werk. Er beschließt, seine Lebewesen erheblich größer zu machen, als sich selbst. Die Tauglichkeit seiner Kugeln als Baumaterial hat er ja schon hinreichend bewundern dürfen, als sie sich von selbst zusammenfanden. Wenn er sie jedoch verwenden will bringt das automatisch mit sich, dass das Endprodukt größer sein muss als seine ersten Schöpfungen und damit als er selbst.
Zuerst denkt er sich komplizierte Systeme aus, mithilfe derer die Wesen ihr Überleben auf einer der großen Kugeln sichern sollen. Er entwickelt die Idee der Energiegewinnung durch Nahrungsaufnahme und passt ihre Körper, die er zunächst ohne feste Form lässt, den Bedingungen in einem Element auf einer der Riesenkugeln an, die ihm passend erscheint. Seine ersten Versuche sind in der Lage, sich zu bewegen, manche sogar zielgerichtet, aber das geht ihm noch zu langsam. Er experimentiert und experimentiert, entwirft immer neue Möglichkeiten, bis er auf die Idee kommt, seinen neusten Kreationen feste Körper mitzugeben, deren Körperteile bestimmte Zwecke erfüllen. Diese bewegen sich schon wesentlich zielstrebiger durch das Wasser, aber Jemand ist noch nicht zufrieden.
Auf seinen Prototypen aufbauend entwickelt Jemand immer größere, kompliziertere und intelligentere Wesen. Noch immer ist aber keins dabei, das selbst Anstalten gemacht hätte, kreativ zu werden. Viele der Wesen entwickeln sich auch von sich aus weiter, neue Arten entstehen, andere sterben aus. Mit dieser Wendung hat Jemand nicht gerechnet. Er merkt, dass er keine absolute Gewalt über die Entwicklung seines Experiments hat und das ist ihm unheimlich.
Eben diese Wendung bringt ihn allerdings seinem Ziel ein großes Stück näher. Einige Wesen haben nämlich mit der Zeit das Element verlassen, in das Jemand seine Kreationen bisher gesetzt hat, und erklimmen die bis daher unbewohnten Regionen. Sie atmen das Gasgemisch, das die Kugel umgibt. Jemand hat ihnen bisher nicht mehr als die durchschnittliche Aufmerksamkeit geschenkt, aber nun fallen sie ihm doch ins Auge.
Er hat nämlich eine Art entdeckt, die beginnt, Werkzeuge zu benutzen, eine vierhändige haarbewachsene Art. Sicher, Werkzeuge haben auch andere Landbewohner schon benutzt, auch Luftbewohner, wie Jemand sich erinnert, aber diese Tiere haben etwas besonderes an sich. Anders als irgendein Vogel haben sie nämlich Hände, mit denen sie zwei Dinge greifen und miteinander benutzen können. Sie beschäftigen sich miteinander, denken sich für Probleme Lösungsstrategien aus... Jemand ist ganz aus dem Häuschen. Sicher, er ist noch nicht am Ziel, aber hier gibt es einen Ansatzpunkt!
Zuerst einmal vertreibt er größere Mengen seiner auserwählten Spezies aus den Bäumen, in denen sie bis dahin hausten. Er bringt sie dazu, auf zwei ihrer vier Extremitäten einherzuschreiten, damit sie die anderen beiden für das Erschaffen frei haben, für das er sie ja entwickeln will. Dann teilt er sie in verschiedene Gruppen, die er in verschiedenen Gegenden der Erde, wie er die Riesenkugel nennt, ansiedelt.
Jetzt fängt er an, die verschiedenen Gruppen verschieden weiterzuentwickeln und ihnen dann Aufgaben zu stellen. Hitze, Kälte, Nahrungsmangel, Hindernisse, alles, was ihm so einfällt. Manche seiner Gruppen halten es länger durch, andere weniger lang, nach und nach sterben sie aus. Schließlich bleibt nur noch eine Art übrig und Jemand beschließt, mit dieser Art weiterzuarbeiten, da sie die kreativsten und schlausten sein müssen, wenn sie es als einzige bis hier geschafft haben. Vorerst betrachtet er seine Schöpfung jedoch noch etwas. Er will herausfinden, wie weit er schon gekommen ist.

Jemand ist enttäuscht. Er hat so große Hoffnungen in seine neue Art gesteckt, glaubte sich schon am Ziel seiner Träume, als er sah, wie sich die zweibeinigen Wesen immer neue Werkzeuge ausdachten, um sich das Leben zu erleichtern und schließlich anfingen, Gebäude zu errichten, aber diese Hoffnung muss er nun endgültig begraben.
Dabei hat er sich alle Mühe gegeben, diese Narren auf dem Weg in die falsche Richtung aufzuhalten. Mehrfach hatte er vor ihren Augen Dinge erschaffen, die sie glauben machten, er sei allmächtig (was ja auch irgendwie seine Berechtigung hatte), hatte Feuer entzündet, Wasser fallen lassen und ihnen immer wieder den richtigen, von ihm geplanten Weg gezeigt, doch die Menschen, wie sie sich selbst getauft hatten (wer gab ihnen das Recht dazu, sich ihren Namen selbst zu suchen?), waren unverbesserlich.
Nicht, dass sie nichts gebaut hätten. In der kurzen Zeit ihrer Existenz hatten sie die Erde mit zahllosen Zeugnissen ihrer Existenz überzogen und in so unvorstellbarer Geschwindigkeit Dinge errichtet, dass Jemandem, der ein gemächlicheres Arbeitstempo gewohnt war, fast schlecht davon wurde. Was ihre Produktivität betraf hätte Jemand also zufrieden sein können. Sein Problem war, dass sie all das mit ihrer Destruktivität ausglichen.
Die Menschen waren zwar voller Ideen, was sie noch bauen könnten, zerstörten aber mit jedem neuen Bauwerk ein altes. Manchmal waren es menschgemachte Gebäude, entbehrlich also, wenn es auch schade um die kreative Energie war, die einmal hineingesteckt worden war. Immer häufiger wurden aber inzwischen auch Jemandes Werke zerstört, seine Lebewesen ausgerottet, seine Schöpfung mit Füßen getreten.
Nein, das ist nicht die Spezies, die er erschaffen wollte. Ihm fällt aber auch keine Möglichkeit ein, die Menschen noch in seinem Sinne weiterzuentwickeln. Dazu ist es wahrscheinlich längst zu spät. Vielleicht war er aber auch von vornherein auf dem falschen Weg.
Jemand seufzt und wendet sich ab. Er hat noch so viele andere Kugeln, auf denen er einen neuen Versuch starten kann. Zeit genug hat er ja.
Zeit?
Jemand lacht. Er hat die Ewigkeit!

Dienstag, 28. August 2012

Aus dem Tagebuch Clockworks - Die Dienerin teil 1


An meinen werten Freund Victor,

Die Welt ist im Wandel. Die Schatte, vor welchen du mein Freund zu fliehen gesuchtest, breiten sich aus. Die Grenzen der einstmaligen Zonen wurden mit Mauern verstärkt und kontrolliert. Heute sind die Grenzen, Grenzen an die sich keiner zu wagen traut. Du kennst die Geschichte, ich welcher im Jahre 2100 die Schreie nach der Anarchie lauter wurden, bis sie dann am 21.Februar ein Jahr später gewannen. Du hast gehört, dass 2251 die Anarchie einer Diktatur wich. Und du hast in jungen Jahren mit eigenen Augen gesehen wie 2343 die Diktatur mit dem Mord an Dario von Westland, dem zweiten Diktator der „verbesserten Welt“ beendet wurde. Aus Ordnung, wurde Chaos, dies wich der Ordnung, welche auf Selektion aufbaute. Und nun mein Freund, haben wir Chaos welches auf Selektion aufbaut. Mein Freund, es ist Zeit. Stelle mich erneut vor die Wahl, und ich komme mit dir. Denn auch wenn ihr hungert und nichts habt, seid ihr, das Luftvolk doch reicher als wir. Denn ihr habt die Freiheit.
Mein Hof ist immer noch am selben Platz wie bei deiner letzten Abreise.
Heute in der Nähe des Bezirkes 4.21A.
Bitte komme bald!

Dein alter Freund,
James Wilhelm von Grünlande

01.Januar.2350

Dieser Brief erreichte mich am 13.Januar des Jahres 2351. Willy war ein guter Freund mit dem ich bereits einiges durchhatte. Doch nachdem ich bemerkt hatte, dass es nach der Diktatur tatsächlich noch schlimmer ging, war ich mit einem Luftschiff zu den Völkern der Luft gegangen. Damals, hatte ich ihn vor die Wahl gestellt mitzukommen doch er hielt an seinem Adel fest. Zur Erklärung: Als 2101 das Chaos ausbrach, flohen bereits die ersten auf das weite blaue Meer. Auch da die Globale Erwärmung durch Glätscherschmelzungen das Land immer kleiner werden ließ. Nach und nach verarmte auch die Gesellschaft und wer kein Geld hatte, war nichts wert. Mit dem Beginn der Diktaur 2251, zogen weitere Leute auf das Meer und nun auch die ersten in die Luft. So teilte sich die Menschheit in Luft, Meer und Land. Gegen Ende der Diktatur, gingen auch noch einige unter die Erde doch diese halten sich meist aus dem geschehen heraus.
Das Luft- und das Wasservolk bekriegen sich gegenseitig, da jeder für sich stirbt, sich jedoch keiner mit irgendwem vom Land verfeindet sein will. Die Bezirke an Land führten wie schon vor tausenden von Jahren untereinander Krieg. Abgesehen von Essen, waren Steinkohle und Eisen sowie Schwarzpulver die höchsten Güter. Viel mehr gibt es nicht. Wer Land hat ist reich wer die Mafia kennt ist voraussichtlich lebendig. Wer frei sein will, hat Angst. Doch lieber freie Angst, als Reue hinter Gittern. Wobei du auf dem Land mit dem tot rechnen musst sofern du so wie mein Freund James in revolutionären Machenschaften verwickelt bist.

Ich ging indess im Jahr 2344 in die Luft da ich sämtlichen Glauben an die Menschheit verlor. Derweil begannen Gruppen welche meist dem Adel angehörten einzelne Bezirke zu unterdrücken. So bildeten sich Mafiagruppen. Lord Tarek war zum Beispiel das Oberhaupt der Unterdrücker von Bezirk 4.21A. Die erste Zahl, ist hierbei die Nummer des Bezirkes auf der jeweiligen Insel. Die zweite Zahl bestimmt, wie viele Bezirke es auf der Insel gibt. Der Buchstabe ist eine Einstufung. A ist dabei das Beste. Dabei geht es um Größe, Rohstoffe und vor allem Art der Rohstoffe. 4.21A, hatte abgesehen von Nahrung und Süßwasser, Steinkohle, Holz, Eisenerz und fruchtbare Erde welche man als Rohstoff zählen kann, da Erde immer seltener wird. Da allerdings kaum einer damit mithalten kann also was den Handel angeht, laufen diese reichen Bezirke schnell Gefahr angegriffen zu werden. Und Waffen, sind wahrhaftig das höchste Gut. Mein Luftschiff namens „Sophie“ war ausgerüstet mit zwei an Deck Maschinengewehren ausgerüstet und zur zusätzlichen Sicherung noch Flammenwerfern unter Deck. Zusammen mit dem Pyrotechniker Leon waren wir verhältnismäßig stark ausgerüstet. Ein weiteres wichtiges Crewmitglied, war unser Arzt sowie Mechaniker Cyrus. Die Kombination ist vielleicht eigenartig doch dadurch hatte er es bereits geschafft zuvor genanntem Crewmitglied das Leben zu retten nachdem diesem sein Herz entfernt wurde. Cyrus pflanzte ihm ein mechanisches aus Metall hinein und flickte ihn wieder. Dadurch bekam Leon den Spitznamen Eisenherz. Wobei es auch oft auf seinen Mut bezogen wird. Zum Beispiel hat er bei einem (von wenigen) mal als ich sowie mein erster Offizier Frank, Die Crew des Schiffes besiegt, uns rausgeholt, das Schiff in die Luft gesprengt und unsere Mission ausgeführt. Angeblich innerhalb einer halben Stunde.
Unsere Mission bestand darin eine Schatzkarte zu holen. Normalerweise halten wir zwar nicht viel von Schätzen und suchen sie nur des Abenteuers halber, doch diesmal war es etwas anderes. Es ging um ein Schiffswrack welches angeblich Federstahl transportiert hatte. Federstahl ist ein hartes jedoch leichtes Material, welches im Jahre 2248 vom Alchemisten George Adam entwickelt worden war. Mit Beginn der Diktatur, wurde es in privaten Händen allerdings verboten. Adam wurde festgenommen und stellte das Material für seinen Herrn an. Angeblich verfluchte es so, dass es beim Transport über das Meer versank. Am selben Tag verschwand Adam mit samt seiner Formel und wurde nicht wieder gesehen.  Alles nur Legenden.
Der steigende Meeresspiegel, hatte die Schiffe vermutlich schon verschwinden lassen, doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Und das Abenteuer war es wert.
Als der Brief mich erreichte, befanden wir uns gerade in dieser Mission.

„Sir?“
„Ja?“
„Die neue Bedienstete steht an der Tür.“
„Ich werde sie gleich empfangen. Sagen sie ihr bescheid.“
„Ja Sir.“
Die neue bedienstete. Es stellte sich die Frage, in welchem Interesse sie tatsächlich dort war. Oder in wessen Interesse. Für meinen Freund James war es jedesmal schwer. Die Frage des Vertrauens. Daher hatte er auch nicht so viele Bedienstete. Nicht das irgendwer denkt, er habe kein Geld oder behandle seine Leute schlecht. Nein all das trifft nicht zu.
Er ging hinaus: „Ah Miss Vivian, nicht wahr?“
„Ja Sir. Es ist…“
„ihnen eine Ehre. Ich weiß. Aber in diesem Aufzug? Nein das geht nicht! Wissen sie… es ist ein ordentliches Haus. Äh… also ich hab auch noch fünf Minuten zu tun. Henry?“
„Ja Sir?“
„Würden sie Miss Vivian bitte ein anständiges Gewand geben? Danach schicken sie, Sie bitte zu mir herein. Für die Einführung in das Haus.“
„Natürlich Si...“
„Ach ja und noch was Henry. Ich erwarte noch einen wichtigen Brief. Also… sollte dieser ankommen, sagen sie mir bitte bescheid.“
„Natürlich Sir.“
Henry war lang genug dabei um zu verstehen was gemeint war. Nämlich, sollte er Bescheid geben, sollte er etwas in den alten Gewänden der neuen Dienerin finden, was darauf hinwies, dass sie für Lord Tarek oder einer seiner Verbündeten arbeitete.
Henry geleitete seine mögliche Kollegin nach oben in die Bedienstetenquartiere.
James schaute den beiden misstrauisch hinterher. Seit dem Verlust seiner Geliebten, misstraute er jedem. Abgesehen von einigen Ausnahmen.
James wurde aus seinen Gedanken gerissen, als es an die Tür klopfte. Oder eher hämmerte.
„Wer ist da?“ fragte er
„Der verlorene Bruder kehrt zurück.“ Antwortete eine Stimme
Die Miene von James erhellte sich. Er öffnete die Tür und sagte. „Lass Sonne in mein Herz mein Bruder.“
„Hallo mein Freund. Auch wenn ich die Sonne vor einigen Jahren aus den Augen verlor, so bin ich doch deinem Ruf gefolgt und zu dir gekommen.“
„Du hast also meine Nachricht erhalten? Ach seit dem ist schon wieder so viel passiert. Das glaub ich aber Luftpost dauert nun einmal immer länger. Doch nun sprich! Was bedrückt dich?“
„Ach Clockwork mein alter Freund. Es ist so vieles. Doch lass uns dies später besprechen. Ich muss mich nun erst einmal um meine neue Dienerin kümmern.“
„Na gut mein Freund. Ich warte so wie du all die Zeit.“
„Fühl dich wie zu Hause.“
„So wie immer. Der Weinkeller ist immer noch vorhanden?“
„Größer als je zuvor.“
James ging in sein Zimmer und ich ließ mich auf einen kleinen Hocker fallen. Er wirkte älter als er war. Er sah nicht aus wie 26 sondern eher wie 46. Doch was ist alter schon.
Ich hörte wie jemand die Treppe herunter kam. Zwei tief braune Augen sahen mich an.
„Sir Clockwork?! Was führt sie hierher?“ Wurden sie gebührend empfangen Kapt’n?“
„Noch nicht. James scheint beschäftigt. Doch es bieten sich bestimmt noch Gelegenheiten.“
„Selbst verständlich.“ Er wandte sich an eine junge Frau welche mir gar nicht aufgefallen war. „Miss Vivian, würden sie bitte durch diese Tür treten. Sir James erwartet sie bereits.“
„Ja Sir.“
Sie machte einen Knicks und nach einem raschen Blick auf mich, verschwand sie in jene Tür, durch welche zuvor mein guter Freund von Grünlanden getreten war.
Ihre Stimme hallte in meinem Kopf nach. Ich hatte die Engelsgleichheit des weiblichen Geschlechtes bereits völlig vergessen gehabt. Aber dies war auch der Grund weshalb ich es nicht sonderlich mochte. Man hatte mit Frauen nur Ärger. Man betrachte James und seine einstige große Liebe.

„Nun Miss Vivian“ sagte James „was hat sie denn dazu bewogen ausgerechnet zu mir zu kommen.“
„Also Sir, äh ich habe nur Gutes über dieses Haus gehört und ganz besonders was den Umgang mit ihren Dienern umgeht.“
„Ach tatsächlich? Sie wissen aber, dass man nicht jedem Gerücht Glauben schenken sollte oder? Ich meine… wer ist denn schon in der Lage etwas Gutes über mich zu erzählen wo ich doch nicht zu so vielen Leuten Kontakt.“
„Nun ja aber sie arbeiten ja bekanntlich auch nicht mit Lord Jerome zusammen.“
„Lord Jerome ist es doch auch nicht Wert, dass irgendjemand von Adel sich mit ihm einlässt.“ In Gedanken fügte er hinzu: Und bekannt sind diese Informationen auch nicht für jemanden ihres Ranges.
Doch dies waren erst Vermutungen. Nichts von Wert. Es war auch eher selten, dass man alles nötige in einem Gespräch aus den verdächtigen herausbekam. Doch sehr oft waren sie so blöd, den Auftragsbrief mit sich zu führen.
James nahm zwei Gläser und füllte sie nacheinander mit Rotwein. Als er gerade begann das zweite zu füllen, klopfte es an die Tür.
„Ja?“ sagte James ohne sich umzuwenden. Henry trat herein: „Sir ihr Brief ist angekommen.“ Er trat an James heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. James sagte leise zu sich: „Wie ich vermutet hatte.“ Dann laut: „Sie können nun wieder gehen Henry.“
Henry nickte nur und verließ den Raum.
James wandte sich wieder dem Wein zu und ließ drei tropfen einer durchsichtigen Flüssigkeit in eines der Gläser fallen. Dann nahm er die beiden Gläser, drehte sich um und ging drei Schritte auf eine kleine Sofaecke zu.
„Setzen sie sich doch.“ Sagte er, setze sich selbst und stellte die Gläser auf den Tisch. Vivian platzierte sich ihm direkt gegenüber. James hob sein Glas und trank einen Schluck. Vivian ebenso.
„Nun wir waren dabei stehen geblieben, wieso sie hier zu mir gekommen sind.“
Vivian nippte noch einmal an ihrem Glas und versuchte sich zu konzentrieren doch es gelang nicht ganz. Dann fing sie leicht stockend an: „Also wie bereits gesagt… äh… ich habe nur Gutes über ihr Haus gehört und…“
„Und?“
„Nun also…“ Vivian merkte wie die Müdigkeit sie langsam überfiel. Sie nahm noch einen Schluck um sich zu sammeln doch es half nichts. „…also… man hört ja schließlich auch nicht… also nie etwas davon, dass bei ihnen Diener ums Leben kommen wie bei Lord Jerome.“
„Was hört man denn so von mir?“
Vivian nahm noch einen Schluck. Sie fing an zu schwitzen und wurde Leichenblass: „Man hört über ihre Gutmütigkeit Sir. Und ihre Freundlichkeit.“
„Und niemand redet mehr von dem verschwinden meiner Geliebten? Und dass ich sie ermordet hätte?“
„Nein… äh…“ Vivian‘ s Augen  fielen langsam immer weiter zu „daran erinnert sich… doch… keiner…“
Sie wurde ohnmächtig.

Mittwoch, 18. Juli 2012

Palmen putzen


Falz man einmal im alten Backsteinhaus arbeiten sollte, gibt es gewisse Aufgaben, die man unbedingt einmal gemacht haben sollte. Eine sehr schöne Aufgabe ist das Palmen putzen was mir vor kurzem aufgetragen wurde.
Zu Anfang habe ich mich gefragt, seit wann man denn Palmen putzen muss doch in dem Moment wo ich sie sah, stellte ich keine Fragen mehr. Auf den Blättern der normalerweise grünen pflanze, fand ich eine schöne circa einen Zentimeter dicke Staubschicht abgesehen von den Blättern die vertrocknet an den Seiten herunter hingen. Jetzt kam mir doch eine Frage auf: Da leben diese Fiecher ihre ganze Lebenszeit lang in der Erde und vertragen nicht mal ein bisschen Staub. Hm Schweinerei aber na gut. Ich tat wie mir geheißen und machte diese Palmen sauber. Dabei fing ich mit dem entfernen der vertrockneten Blätter an. Keine große Sache abgesehn davon, dass die Pflanzen anschließend Kahl waren. Dann kam ich zum abstauben jener kahlen pflanzen. Dieser Schritt begann mit der Suche nach einem Staubwedel. Das bedeutet: Streng genommen begann es mit dem Versuch die Blätter mit einem nassen Lappen abzuwischen. Aber das ist eine andere peinliche Geschichte.
Also gut ich suchte nach einem Staubwedel. Diesen fand ich… nicht. Nach einer gefühlten Stunde, besuchte ich jene Kollegin welche mir diese Aufgabe gegeben hatte und fragte sich nach einem solchen. Sie fing an zu lachen.
Nach 6 Minuten lachen, überlegte ich ob ich einen Krankenwagen rufen sollte, da ihr irgendwann in nächster Zeit die Luft ausgehen müsste.
Natürlich gab es keinen Staubwedel! Das war das alte Backsteinhaus! Alles was es gab war Gaffer.
Trotzdem fand ich nach einer Weile einen Handfeger mit welchem ich mich auf den weiten Weg zurück zu den Pälmchen begab.
Bei diesen angekommen, entfernte ich mit diesem neu entdeckten Werkzeug auch noch sämtliche anderen Blätter die sich an den Pflanzen befanden. Neben Kaugummis, Papier und kleineren Geldbeträgen, fand ich außerdem zwei umeinander geschlungene Gerippe. Muss die Logistik was übersehn haben als se das letzte mal rundum Reinigung gemacht haben. Wobei diese wohl auch schon zehn Jahre her sein könnte.
Wie auch immer. Ich schmiss Kaugummis und Papier in den Mülleimer. Das Geld ließ ich an den Palmen... ohne Blätter... Bei der nächsten Führung könnte ich erzählen, es seien die letzten noch lebenden Geldpalmen.
Dann ließ ich meine beiden neuen mageren Freunde allein.
Als ich mich zehn Minuten später auf den Nachhauseweg machte, hörte ich wie das Lachen einer Dame in erschrockenes Geschrei überging. Als hätte sie einen Geist gesehn…

Dienstag, 17. Juli 2012

5. Vater Und Sohn (15.10.2133)


Lady Marie


In den letzten Jahren waren um immer mehr Städte herum Mauern hochgezogen worden. Ein Grund dafür war das unkontrollierte Wachstum jener städtischen Gebiete, das man damit nun einzudämmen hoffte, da einige Kommunen sehr viel Wert auf ihre Übersichtlichkeit legten. Ein anderer Grund war jener, dass man alles Verbrechergesocks einfach aussiedeln konnte. Wer nicht in die Gemeinschaft passte, wurde fortgeschickt oder gar nicht erst hereingelassen. Durch dieses Vorgehen bildeten sich immer größere Slums um die Klein- und Großstädte herum. Besagte Orte wurden nicht zur Stadt gezählt und erhielten also keine Förderungen, polizeilichen Schutz, Versorgung, etc., aber einige Menschen aus den Slums arbeiteten schwarz in der Stadt, um Abends bei Torschluss in ihre selbst gebauten Hütten zurückzukehren, was die Dörfer vor der Stadt am Leben erhielt, genau wie der Schwarzhandel, organisiertes Verbrechen und andere dem Vergnügen dienliche Gesellschaftssparten.
Auch diese Slum-Entwicklung hatte man zu unterbinden versucht. Das Land, auf dem jemand wohnte, musste rechtmäßig erstanden werden. Man konnte doch nicht einfach irgendwo wohnen, wo es einem passte, nur weil man sich die Miete in der Stadt selbst nicht leisten konnte! Aber die Menschen waren erfinderisch und vor allem zahlreich. Man hatte die Vorstadt-Bildung nicht verhindern können. Sie setzte sich unentwegt fort und sorgte für Beunruhigung innerhalb der städtischen Bevölkerung. Wie hartnäckig diese Menschen waren! Man schickte sie fort, aber sie kehrten wieder zurück wie Ratten.
Überall um mich her sah ich Kinder. In den Slums gab es viele Kinder. Anders als in der Stadt. Wer Geld hatte, brauchte keine Kinder mehr. Kinder nahmen nur Platz weg, es reichte, wenn jeder, der eines wollte, eines hatte. Solange es dabei blieb, gab es auch genügend Leute, die sich um die Gören kümmern konnten. Soweit die Meinung innerhalb der Stadtmauern (Die Regierung sah das alles etwas anders. Man kämpfte noch immer gegen den eklatanten Nachwuchsmangel. So war es auch zu den Registrierungen gekommen. Noch allerdings existierte wenigstens keine Geburtenpflicht). Inzwischen waren die Vororte schon gut eingerichtet. Es gab illegale Läden, Krankenstationen, sogar Schulen. Aber noch immer lebte man im Schatten der Mauern mit der Gewissheit, verstoßen worden zu sein, weil man nicht ins Bild passte oder etwas sagen wollte.
Manchen Menschen sah man dieses Gefühl an. Still musterte ich die Leute um mich her. Erneut nahm mich kein einziger von ihnen wahr. Waren sie zu beschäftigt mit ihrem eigenen Leiden? Interessierten sie sich gar nicht für die Angelegenheiten der Stadt, in deren Schatten sie wuchsen?
Aber das bezweifelte ich. Hätte einer mich erkannt, der unzufrieden mit dem Leben in den Slums war, hätte er mich in jedem Fall verkauft. Und ich könnte es ihm nicht verübeln.
Massen an Menschen zogen an mir vorüber. Ich war auf dem Markt gelandet und trug meinen Mantel, die Kapuze nicht einmal über den Kopf geschlagen. Dennoch hatte ich irgendwie das Gefühl, dass dieses Kleidungsstück mich vor den Blicken schützte. An einem Stand bekam ich Brot, ohne dass die Verkäuferin Notiz von mir nahm. An einem anderen verkaufte man mir zwei Äpfel und einige Pflaumen ohne ein Wort oder einen Blick. Ich bewegte mich immer weiter in jene Regionen, in denen man nicht nur auf illegale Weise, sondern noch dazu illegale Waren kaufen konnte. Dies war der gefährlichste Ort in den Slums, aber ich hatte keine besonderen Bedenken, da ich selbst vor einiger Zeit noch in den Slums einer größeren Stadt gewohnt hatte. Ich kannte mich aus und wusste, worauf ich zu achten hatte, wann ich Vorsicht walten lassen musste. Fast schon war es ein Gefühl, als käme ich nach Hause.
Eine kleine Tür wies zu einem angeblichen Feinmechanik-Waren Fachverkäufer. Auch hier also ein Synonym für das, was ich suchte. Geringfügiger Bedenken betrat ich den Schuppen und wurde sogleich von tiefer Schwärze empfangen. Zunächst fand ich den Verkäufer nicht und sah mich etwas unter seinen 'legalen' Waren um: uralte Taschenuhren, rostige Schlüssel und Schlösser, leere Feuerzeuge, zerbrochene Spieluhren und dazwischen alte Cd´s und USB – Sticks, womit hier wohl nun wirklich niemand etwas anfangen konnte, denn in den Slums gab es schon lange keine Computer mehr. Mein Blick blieb an einer kleinen Taschenuhr hängen, deren Rädchen sich wohl schon seit hundert Jahren nicht mehr bewegt hatten. Dennoch faszinierten mich das Ziffernblatt, die filigranen Zeiger und leichten Verzierungen. Wie alt dieses Ding schon sein musste! Es lief ja noch nicht einmal mit atomarer Langzeitbatterie!
„Ein schönes Stück und uralt noch dazu“, erklang plötzlich eine rauchige Stimme hinter mir. Überrascht wandte ich mich um und stand einem kleinen, langhaarigen Mann mit Spitzbart und trüben blauen Augen gegenüber.
„Ja“, erwiderte ich, „Aber eigentlich bin ich nicht hergekommen, um eine Uhr zu kaufen...“
„Wenn das so ist“, er faltete die Hände und musterte mich eingehend, „Wie kann ich Ihnen...helfen, Fräulein?“
„Nun“, begann ich und beobachtete ihn dabei vorsichtig, „Ich suche ein gewisses feinmechanisches Gerät, wenn sie verstehen, was ich meine.“
„Wie meinen, Fräulein?“ Er sah mich unschuldig an. Vermutlich fürchtete er, dass ich ein Spion aus der Stadt war. Ab und zu stürmte die Polizei die Slums, um Waffen und Wertgegenstände zu konfiszieren.
„Dann hab ich mich vielleicht geirrt“, pokerte ich und wandte mich zum Gehen. Als ich die Klinke bereits in der Hand hielt, rief er mich zurück: „Warten Sie.“
Ich wandte mich wieder zu ihm um. Sein Blick versuchte, in meinen Kopf zu kriechen: „Woher kommst du, Mädchen?“
„Wenn Sie auf die Beantwortung dieser Frage bestehen, muss ich Sie jetzt verlassen.“
Wieder wandte ich mich zum Gehen. Dieses Mal aber hielt er mich sofort zurück: „Ich habe verstanden. Nehme an, du bist eine von denen.“
„Von wem?“, fragte ich.
„Den Vogelfreien. Nicht wahr?“
Ich schwieg. Noch immer stand ich mit dem Gesicht zur Tür.
„Keine Sorge“, hörte ich ihn sagen, „Das allein enttarnt dich nicht. Inzwischen gibt es so viele von euch...“
Nun erst drehte ich mich zu ihm um: „Wie meinen Sie das?“
„Jede Woche bringen sie eine Liste heraus“, antwortete er mir kopfschüttelnd, „Letzte Woche hat es meinen Sohn erwischt.“
Ich sah tiefen Hass in seinem Gesicht.
„So können sie nicht ewig weiter machen“, musste ich ungläubig bemerken, „Wer soll denn am Ende noch übrig bleiben?“
„Nach der ersten Liste gab es Proteste“, erklärte der Verkäufer, „daraufhin haben sie immer neue Listen herausgebracht, die die Protestierenden einschlossen. Schließlich verstummten die Proteste vorerst. Sie versuchen, den Menschen Panik zu machen und es funktioniert. Aber immer mehr Menschen laufen fort und verstecken sich. Von der ersten Liste haben sie achtzehn Menschen eingekerkert, weil sie alle nicht daran glaubten und sich nicht bewegten. Auch von der zweiten haben sie noch viele erwischt. Aber inzwischen haben die Menschen gelernt.“
Darum also hatten sie mich zu Anfang nicht wirklich verfolgt. Sie hatten vermutlich gar nicht daran gedacht, dass ich nicht mehr da sein würde. Aber achtzehn. Achtzehn Menschen, die sich zum selben Zeitpunkt in der selben Situation befunden hatten wie ich, hatte es die Freiheit gekostet, nicht paranoid gewesen zu sein. Ein Schauder durchlief mich. Ein anderer war noch auch freiem Fuß. Ein einziger außer mir. Ich erinnerte mich, an diesem Morgen nicht auf viele von den Namen geachtete zu haben. An fünfter Stelle war der meine genannt worden, woraufhin ich mich in heller Aufbruchspanik befunden hatte. Ob noch jemand dabei gewesen war, den ich kannte? Es waren damals schließlich nicht nur meine Mutter und ich gewesen, die sich auf so unpässliche Weise widersetzt hatten...
Mama.
„Mein Name ist Kenzo“, unterbrach der Verkäufer meine Gedankengänge und bot mir seine Hand an. Ich sah ihn leicht lächeln. Auch Neugierde lag in diesem Blick. Aber es war eine Neugierde, die mich nicht abschreckte.
Ich griff nach der Hand, als beschritte ich bedenkenlos eine Brücke, die keiner sonst betreten hätte, weil sie über einen reißenden Fluss führte. „Reia“, stellte ich mich vor. Ich selbst verspürte die unbegründete Gewissheit, dass die Brücke halten und mich endlich weiterbringen würde.
„Willkommen in meinem Laden, Reia“, schmunzelte er und aus irgendeinem Grund durchfuhr mich ein erneuter Schauer. Für einen Moment war ich sicher, ihn bereits zu kennen.
„Ich würde mich freuen, wenn du mir etwas erzählen könntest. Was hältst du von einem Tee?“

Im hinteren Teil des Ladens brannte einige Öllampe und verbreitete schummriges Licht. In diesem Abteil fanden sich keine Regale mehr und auch keinerlei Wahren. Dieser Ort wirkte beinahe wie eine Art schäbiger Wohnraum. Kenzo hatte einem Kessel, der in einer extra dafür ausgesparten Raumecke über einem Campinggaskocher aus Zeiten meiner Ururgroßmutter vor sich hin köchelte, etwas heißes Wasser entnommen, um damit frischen Tee aufzugießen und nun verbreitete sich ein angenehmer Duft von Salbei im Raum, der ansonsten eher nach Rost und Staub roch.
„Ich frage dich nicht, auf welcher Liste dein Name stand“, erklärte Kenzo vorsichtig, „aber ich sehe, dass du schon ein Weilchen unterwegs sein musst.“
Ich antwortete nicht, starrte auf meine Teetasse, während der Mann irgendetwas zwischen seinen Kesseln herumhantierte. Ich bemerkte nicht einmal, dass er dabei war, zu kochen.
„Darf ich dir meinen Respekt aussprechen?“, fragte er, mein Schweigen schien ihn nicht zu verunsichern, „Du musst einen weiten Weg hinter dir haben, aber immerhin hast du es hierher geschafft ohne dich selbst zu verlieren.“
Nun musste ich lächeln: „Wie alles, was mir bisher widerfahren ist, war aber auch das eher Zufall.“
Ohne eine gewisse Begegnung wenige Tage zuvor würde ich nämlich noch immer ziel- und antriebslos wie eine Art Zombie durch den Wald irren. So viel musste man diesem Rahlis anrechnen. Selbst wenn er mir einen gewaltigen Schock versetzt hatte.
„Lieber glücklicher Zufall als missglückte Pläne“, schmunzelte Kenzo und etwas väterliches lag darin.
Kurz schwieg ich, dann sah ich zu ihm auf und musterte ihn vorsichtig: „Sie sprachen vorhin von Ihrem Sohn... Ist er auch geflohen.“
Das Lächeln auf Kenzos Gesicht versteifte sich: „Ja, aber er ist schon lange fort. Ich habe ihn rausgeworfen, als er volljährig wurde...“
Überrascht sah ich ihn an: „Warum...warum haben Sie denn...?“
Er stockte in seiner Arbeit. „Willst du wirklich diese Geschichte hören? Eine Geschichte, die so lange her ist und mit der du nichts zu tun hast?“
Nachdenklich betrachtete ich die Tischplatte. „Wenn Sie mir Ihre Geschichte erzählen wollten, wäre mir das eine Ehre“, antwortete ich dann.
Er wandte sich zu mir um und wieder überraschte mich das Schmunzeln, dass ihn mir so bekannt erscheinen ließ.
„Ich werde dir unter einer Bedingung erzählen, Reia.“ Und sein Blick wurde provokant: „Und zwar unter der, dass du heute mein Gast bist und endlich aufhörst, mich zu Siezen.“
Auch ich musste lächeln. „Einverstanden“, nickte ich, „Also erzählst du mir...deine Geschichte.“
Kurz schien er mich zu beobachten und abzuschätzen. Dann wandte der hagere, sehnige Mann, der nicht größer war als ich selbst, sich erneut seinem Arbeitstisch zu und begann, mir eine Geschichte zu erzählen.
„Wenn ich genauer darüber nachdenke, ist dies das erste Mal, dass ich behaupten kann, etwas richtig gemacht zu haben“, erzählte Kenzo, „Denn jetzt, da er gesucht wird, hat er die besten Voraussetzungen, die man sich dafür wünschen kann.“
„Wie das?“
Er sah mich an, etwas blitzte in seinem Blick: „Bei seiner Geburt wurde er nicht registriert.“
Überrascht zog ich die Augenbrauen empor: „Wie ist denn das möglich?“
Es war lange her, dass man diese Regelung eingeführt hatte. Lange vor meiner Geburt war das geschehen. Zunächst fand diese Registrierung zum Erreichen der Volljährigkeit statt, schließlich aber führten sie die Regelung ein, dass ein jedes neugeborene Kind registriert werden müsse. Aus Sicherheitsgründen wollten sie das tun und aus Kontrollgründen, die aber die Bevölkerung nicht näher beträfen, sagten sie. Jedes Kind fand Platz und Nummerierung in einer langen Liste von anderen identitätslosen Wesen. Fingerabdrücke und DNS wurden digital gespeichert. Von jedem einzelnen Menschen. So damals auch von mir, weshalb ich nun auch einige Probleme hatte, denn man hatte alle Informationen über mich, die man brauchte, um mich verfolgen und überwachen zu können. Zunächst zeigten sich gute Resultate. Die Verbrechensbekämpfung schritt weit voran, aber dann, und das war längst nicht der gesamten Menschheit aufgefallen, begannen sie, ihre Macht zu missbrauchen.
Kenzo hatte seine Arbeit beendet und inzwischen köchelte in dem Topf über dem Gaskocher sein nächstes Abendessen, sodass er sich zu mir an den Tisch setzte.
„Gleich zu Beginn dieser Registrierungsentwicklungen war ich misstrauisch geworden. Als sie begannen, mit der DNS herumzupfuschen, war mir auch klar, wieso, denn auf einmal schienen sie alles über einen jeden Menschen wissen zu können“, und er sah mich bedeutungsvoll an. Ich unterdessen erinnerte mich daran, was auch meine Mutter mir bereits erzählt hatte: Es fing damit an, dass sie den jeweiligen Schulweg festlegten. Dann setzte sich alles fort, indem sie einem den späteren Berufsweg empfahlen und auf diese Weise versuchten, Künstler aus der Welt zu schaffen. Auch Mama hatten sie etwas vorgeschrieben, etwas, was sie gerade mehr brauchten, als eine Schriftstellerin. Und da sie sich stets weigerte, einen anderen Weg einzuschlagen als den ihren, hatte man versucht sie umzustimmen. Und als das nicht funktionierte und sie in immer weiteren Texten Freiheit forderte und definierte, da hatte man zu neuen Mitteln gegriffen...
Auch in Kenzos Blick loderte Erinnerung: „Zu dieser Zeit verliebte ich mich in eine junge Frau, die mit großer Begeisterung malte. Und natürlich hatte sie so ihre Schwierigkeiten mit dem System... Man versuchte, sie zu überreden, aber sie war stur.“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und versiegte sofort wieder. „Schließlich mussten wir fortgehen. Wir wollten einen eigenen Versuch starten, außerhalb der Gesellschaft leben. Ähnlich wie du vielleicht...“ Er musterte mich aufmerksam: „Denn ich nehme an, auch auf dich sind sie erst aufmerksam geworden, weil du keine Laborassistentin oder Lehrerin werden wolltest, nicht wahr?“
Kurz flammte Misstrauen in mir auf, doch es war kein Wunder, dass er so schnell zu diesem Schluss gekommen war. Und es stimmte. Erst wenige Monate zuvor hatte man mir ein letztes Mal geraten, mich doch lieber anders zu entscheiden und den richtigen Weg einzuschlagen. Törichter Weise hatte ich nicht gehört.
„Pharmazeutin“, berichtigte ich ihn, „und ich vermute, dass es auch um meine Mutter ging...“
„Es geht immer in Wirklichkeit um die Eltern, wenn die Kinder plötzlich im negativen Fokus stehen“, schmunzelte Kenzo. Dann fuhr er fort: „Einige Jahre lebten wir ruhig und friedlich in irgendeinem Dorf außerhalb jeder Zivilisation auf unsere eigene Art und Weise. Doch als sie schwanger wurde, wurde sie unruhig. Sie hatte Angst, dass jemand von dem bevorstehenden Segen etwas merkte und man versuchen würde, uns das Kind wegzunehmen. Damals war das zwar noch nicht Gang und Gebe, die Gefahr erhöhte sich aber, als die Vergangenheit uns tatsächlich wieder einzuholen versuchte.“
Gespannt lauschte ich, während sich die Schatten an den Wänden zu einer Geschichte verwoben.
Sie hatten eine Nachricht zugestellt bekommen, die mehr oder weniger folgendes verlauten ließ: Auf einmal wollte man das junge Paar zurückzwingen und im Zweifelsfall verhaften. Also packten sie am selben Abend noch alles zusammen, was sie besaßen, und verschwanden von der Bildfläche. Es war überraschend, dass sie überhaupt die Gelegenheit dazu bekamen... Alles war anders gewesen zu den Anfängen.
Wieder hatten sie eine Weile ihre Ruhe gehabt, was aber wohl daran gelegen hatte, dass sie beständig ihren Wohnort gewechselt hatten. Die Lebensweise kam mir irgendwoher bekannt vor... Einige meiner Freunde waren spurlos verschwunden. Vermutlich waren die Gründe an dieser Stelle die gleichen. Schließlich kannte auch ich selbst das Bedürfnis, endgültig zu verschwinden. Was dachte ich da überhaupt: inzwischen hatte ich es ja wahr gemacht. Nun war ich eine von den Spurenlosen. Hoffentlich.
Niemand erfuhr von der Geburt des kleinen Sohnes und so ließen sie das Kind nicht registrieren. Schließlich aber geschah das Unausweichliche.
„Margeret hatte mir das Kind gelassen, um etwas in der Stadt zu erledigen. Aber am Abend warteten wir vergeblich auf sie. Sie kehrte nie zurück. Zwei Tage später berichtete mir ein Freund von ihrer Festnahme. Sie hatte sich gewehrt und war erschossen worden. Einige Tage später verließ ich schweren Herzens mit meinem dreijährigen Sohn das Dorf, aus Angst, dass sie ihn nun auch noch finden würden, nachdem sie mir meine Frau genommen hatten.“
Seine Stimme zitterte. Ich hielt den Atem an bei den Worten, brachte aber selbst keines heraus...
„Aber sie haben ihn nie gefunden“, fuhr Kenzo fort, „Nicht einmal von seiner Existenz haben sie erfahren. Nur fanden sie mit Hilfe des DNS-Rückerinnerers vor zwei Wochen mich. Ich hatte ihn schon vor zehn Jahren fortgejagt, weil ich befürchtete, dass sie sich irgendwann an mich erinnern würden und damit auf ihn stoßen. Dennoch erfuhren sie nun, dass es ihn gab, und setzten ihn, da ich ihn nie registrieren lassen hatte und er auch jetzt nicht auffindbar war, und somit also sich der Gesellschaft sträubte, auf die Liste.“
Mitleid lag in meinen Augen, ohne dass ich es wollte. Aber ich musste daran denken, dass der Junge vielleicht noch nicht einmal wusste, dass er gesucht wurde. Wenn er irgendwann versehentlich einer Wache über den Weg lief...
Aber vermutlich hatten sie nicht einmal ein Foto von ihm... Aus dieser Sicht gesehen war er der Glücklichste von uns allen. Ein nicht registrierter. Wie wäre es gewesen, so einer zu sein...? Wenigstens gehörten wir nicht zu den Menschen, denen man einen Sender eingepflanzt hatte... noch nicht.
„Sieh mich nicht so traurig an“, lächelte Kenzo plötzlich, „Mein Junge weiß sich durchzuschlagen. Ich habe nur Angst, dass er meine Karriere weiterführt... Aber wie ich ihn kenne, wird er sich gar nicht erst auf andere Menschen einlassen.“
Ein Bild fuhr mir durch den Kopf und verschwand auf der Stelle wieder, ohne dass ich mich daran hätte erinnern können.
Ich senkte den Blick, als ein Teller vor meiner Nase landete. Plötzlich umfing mich Stille.
Kenzo begann zu essen. Nach einer Weile legte er das Besteck nieder.
„Was ist los mit dir? Hast du keinen Hunger mehr?“
Ein zerbrechliches Lächeln gewann über meine Züge: „Meine Mutter...“
Kenzo beobachtete mich stumm.
„Sie war schwanger, weißt du? In zwei Wochen sollte das Kind geboren werden...“
Warum sprach ich überhaupt in der Vergangenheit?
Der Mann mir gegenüber schob seinen Teller von sich. Kurz schwieg er nur, dann legte er die Hände, die Handflächen nach oben, auf den Tisch.
Verdutzt sah ich ihn an.
„Es ist schwer“, sagte er mit einem tief in anderen Zeiten versunkenen Blick, „vor allem, wenn man allein ist... Lass uns an deine Familie denken. Und an meine. Vielleicht bewirkt es etwas. Zumindest für uns...“
Kurz zögerte ich, dann stiegen mir die Tränen empor und ich ergriff seine Hände. Wir beide schlossen die Augen und saßen Minuten lang nur da. Das Feuer im Kamin wurde kleiner, das Essen kalt. Draußen senkte sich die Sonne, während wir noch lange saßen und redeten. Wieder einmal hatte ich beinahe das Gefühl von Familie.
Am Ende war ich satt und konnte wieder lächeln, wenn ich auch trotzdem bedrückt war.
„Du könntest heute hier schlafen, wenn du willst“, bot Kenzo mir an, „Es wird immer kälter im Wald. Und ich verstehe zwar, dass du misstrauisch sein musst, was mich betrifft, aber du kannst die Tür verriegeln, wenn es dir lieber ist.“
Ich errötete leicht: „Ich danke dir. Aber ich habe das Gefühl, dass ich heute im Wald besser aufgehoben bin.“
Kenzo nickte und reichte mir eine Waffe.
Fasziniert und überrascht musterte ich sie. „Wie viel?“, fragte ich ihn.
„Gib mir fünf Taler und ich bin glücklich.“
„Ich will dich nicht ruinieren“, erwiderte ich streng.
Doch Kenzo schmunzelte nur: „Ich bestehe darauf, Fräulein.“
Lächelnd nahm ich die Waffe an und tauschte sie gegen mein letztes Geld.
„Und das hier“, grinste der alte Mann und hielt mir etwas entgegen, was sofort noch mehr Verwunderung in mir auslöste. Es war die Uhr, die ich bei meiner Ankunft so ausgiebig betrachtet hatte.
„Nimm sie als Geschenk. Ich hoffe, sie bringt dir Glück.“
„Ich kann das nicht alles annehmen“, wehrte ich mich, „Ich bin zwar vogelfrei, aber noch lang keine Schmarotzerin.“
Kenzo schüttelte nur den Kopf: „Du kannst mir dafür einen Gefallen tun.“
„Welchen?“
Er hielt mir einen Brief entgegen.
„Gib den an meinen Sohn weiter, wenn du ihn triffst.“
Mein Blick wurde verständnislos: „Aber...“
„Ich weiß, es ist eine seltsame Bitte. Vielleicht wirst du ihm niemals begegnen. Aber wenn es dir doch passieren sollte, gib ihm den.“
Gerührt nahm ich den Brief an mich. „Und wie erkenne ich ihn?“
Kenzo zwinkerte: „Er sollte etwa so verdorben sein wie sein alter Herr, dennoch...“, und in seinem Blick zeichnete sich Stolz ab, „...dennoch hat er das Herz am rechten Fleck und sein Verstand überschreitet den Horizont. Seinen Namen zu erfahren, würde dir nichts bringen. Ich vermute, dass er ihn geändert hat..., aber irgendwie, Reia, irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich dir heute diesen Brief mitgeben muss...“
Ich musste lächeln. „Danke für das Vertrauen“, und drückte zum Abschied seine Hand.
„Ich danke dir“, lächelte Kenzo mit diesem mir so bekannten Lächeln, „Ich hoffe, man trifft sich irgendwann einmal wieder. Vielleicht in besseren Tagen...“
„Vielleicht in besseren Tagen“, murmelte ich. Dann verließ ich den Laden und den illegalen Waffenhändler in einer staubigen halb-unterirdischen Kammer aus Pappwänden.
Hätte ich an diesem Abend gewusst, wie berechtigt unser beider Vermutungen gewesen waren, meine, nicht zu verweilen, und seine, den Brief fortzugeben, hätte ich gewusst, dass schon zwei Stunden später ein riesiges Feuer sich an dieser Stelle in den Himmel erheben sollte, ich wäre, um seinetwillen, wahrscheinlich geblieben. Aber das wusste ich nicht. Ich hörte auf mein Bauchgefühl und suchte mir wie jeden Abend ein Versteck im Wald, um einsam und frierend, aber sicher vor allem Äußeren, mein Inneres zu durchforsten. Denn diese Dinge blieben: Ich wollte am nächsten Tag in die ummauerte Stadt gehen. Und ich brauchte einen Plan, wie es danach weiterginge. Falls es denn ein danach noch gäbe.

Donnerstag, 12. Juli 2012

Ich kann nicht schlafen (mal wieder)


Es ist nicht grade leicht mit solch entsetzlichen Kopfschmerzen einzuschlafen und es wird auch nicht leichter, durch den Terror der zuhause abgeht.
Ich lieg in meinem Bett und höre in unregelmäßigen Abständen die Türen zu knallen. Wobei ich mir jedesmal wieder die Frage stelle, ob nicht langsam Alle Türen, die man zuknallen könnte kaputt sein müssten. Auch tritt immer irgendjemand gegen eine Tür. So wie es sich anhört ist es meine. Ich schaue kurz auf. Meine Tür ist noch heile. Mal kurz Rechnen: Wir haben eine Toilette, ein Badezimmer, eine Küche und vier Zimmer. Das bedeutet sieben Türen. Im Klartext ist meine Tür die letzte im ganzen Haus.
Es hilft auch nichts Musik anzumachen und diese Lauter zu drehen währe bei den Kopfschmerzen ein Eigentor. Mal ganz davon abgesehen, dass das Geschrei meiner werten Familienmitglieder dem Shouting schon sehr nahe kommt. Ich meine sogar gelegentlich Pigsqueels zu hören aber ich kann mich irren. Ich bin jetzt beinahe beeindruckt dies hält aber nicht lang. In dem Moment in welchem ich das erste Geschirrstück an der Wand zerschellen höre, merke ich das es nicht Heaven shall Burn oder Parkwaydrive und auch nicht the Agonist oder was weiß ich wer ist. Denn auch wenn das zerschmetternde Geschirrstück einem Crashbecken sehr nahe kommt, ist das alles einfach vollkommen aus dem Takt und unregelmäßig. Es klingt als hätten ein paar Leute beschlossen ein Instrument zu lernen und daraufhin direkt eine Band gegründet.
Ich stehe auf und gehe in böser Erwartung in die Küche. Ich suche die Uhr aus den einstmaligen Möbeln und schaue drauf. Als sie stehen geblieben ist, war es um vier. Wann machte der Bäcker auf? Um sieben? Ja so ungefähr. Naja also hier finde ich keinen Kaffee mehr.
Es klingelt an der Tür. Da sämtliche Andere, die zum öffnen der Tür in Frage kämen, grad voll und ganz mit werfen und ausweichen beschäftigt sind, öffne ich die Tür. Vor mir steht eine junge Dame etwa in meinem Alter: „Geht das nicht ein wenig leiser?“
„Ja“ sage ich „Ich nehme an das Geschirr ist bald alle dann müssen die erst einmal wieder auf Munitionssuche.“ Ein Teller fliegt an uns vorbei und zerschmettert an der Gegenüberliegenden Tür. Ich verliere langsam die Geduld ich bin am Ende!
„Kannst du da nicht mal eingreifen.“ Sagt die Dame sichtlich genervt
„Ich hab meinen Helm nicht hier.“
Gegenüber öffnet sich die Tür: „Haben sie geklopft?“ fragt ein verschlafener Herr.
„Nein“ sage ich „Das war unsere Kücheneinrichtung.“
„Ihre Küche hat bei mi…“ weiter habe ich nicht gehört. Mir wurde jedes Wort zu viel. Alles was gesagt wurde, jedes Teil was durch die Luft flog sogar die süße Studentin die vor mir stand. Und auch wenn ich mich einige Wochen zuvor, super mit ihr verstanden hatte, wollte ich sie jetzt absolut nicht sehen. Sie nicht und den ganzen Rest auch nicht. Mir wird alles zu viel.
„Stooooopp!“ schreie ich. Die Umgebung verschwimmt und ich finde mich in einem dunklen Raum auf einem Stuhl wieder. Gegenüber von mir sitzt ein Man mit einem grauen Anzug, einem schwarzen Hut und einer Zigarre im Mund. Zwischen uns Steht ein Tisch welcher wohl zusammen mit den Stühlen, das einzige Möbelstück zu sein scheint.
„Wer sind sie?“ frage ich
„Ich bin in deinen Augen unmöglich. Deshalb glaubst du nicht was du siehst.“
„Sind sie eine Hummel?“
„Nein.“ Sagt der man lächelnd. „Sagen wir… du glaubst nicht an meine Existenz weil ich mich dir nicht Zeige. Dir geht auf die Nerven was mir alles nachgesagt wird. Und glaub mir das tut es mir auch denn es ist nicht alles nur Gut. Aber naja du musst nur ein oder zwei mal etwas für einen Menschen tun und schon bist du für alles verantwortlich.“
„Dann sind sie Gott?“
„So könnte man es sagen.“ Der Man hat eine Tiefe und raue aber ebenso warme Stimme. Ich weiß nichts zu sagen. Beziehungsweise ich traue mich nicht etwas zu sagen. Dann sage ich doch das einzige was mir einfällt. Es ist zwar nicht intelligent, aber höchstwahrscheinlich kannst du in Gegenwart von Gott eh nichts intelligentes sagen.
„Was mache ich hier?“ frage ich
„Du bist hier…“ Sagt Gott und unterbricht sich um den Rauch seiner Zigarre aus zu pusten. „du bist hier, weil ich die ein Angebot machen möchte.“ Er hält mir eine offene Schachtel Zigarren entgegen. Ich nehme mir eine heraus, stecke sie mir in den Mund und Gott zündet sie mir mit einem Zippo Feuerzeug an.
Nach einer längeren Pause, frage ich dann: „Was für ein Angebot?“
„Du kommst zu mir.“
„Und dann?“
Gott lächelt wieder: „Dann hast du keinen Stress mehr.“
„Und ich muss nichts dafür tun?“ frage ich
„Doch. Lebendig kommst du nicht in den Himmel.“ Sagt Gott und weißt auf eine Pistole welche auf dem Tisch vor mir liegt. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie schon die ganze Zeit da liegt.
Ich zögere.
„Lass dir Zeit.“ Sagt Gott „ich hab unendlich viel davon.“
Ich zögere weiterhin. Dann sagt Gott: „Um ehrlich zu sein es ist keine Echte Pistole. Wenn du Sterben willst, wirst du sterben. Wenn nicht, dann nicht. In dem Fall schickt sie dich lediglich nach Hause.“
„Das macht es nicht einfacher…“
Gott lächelte. Ich griff nun nach der Pistole. Und während ich die Pistole zu meinem Kopf führte, sprangen meine Gedanken immer hin und her. Zwischen leben und sterben. Die Pistole hatte meinen Kopf erreicht. Wenn ich abdrücken würde, währe es Russisch Roulette. Ich konnte nichts beeinflussen… Ich drücke ab…