Ich muss
vorweg sagen, dass ich oft nicht darum herum komme meine Wochenenden,
die doch als Erholung von den anstrengenden Strapazen von Montag und
seinen, aus ähnlichem Holz geschnitzten Brüdern: Dienstag, Mittwoch
und Donnerstag, zu verplanen.
Ich weiß
nicht woran das liegt, doch ich vermute, dass es etwas mit mir zu tun
hat. Wie oft sehnte ich mich doch nach einem Wochenende, an dem ich
einfach nichts zu tun hatte. Einfach mal abschalten, nichts tun.
Nun endlich
war es soweit. Es war Freitag. Freitags habe ich immer sehr zeitig
Feierabend und an diesem Freitag, sowie an den folgenden beiden
Tagen, hatte ich bisher nichts vor.
Ich ging
also gemütlich nach hause, genehmigte mir noch eine Tasse Kaffee,
und während ich abwechselnd einen Schluck aus meiner Tasse und einen
Zug von meiner - mit Kaffee-liquid gefüllten – Dampfmaschine
nahm, überlegte ich, was ich mit diesem Wochenende denn nun anfangen
sollte.
Sofort
fielen mir Unmengen an Dingen ein. Von alltäglichen Haushaltsdingen
über lesen bis hin zu faulenzen, war alles dabei. Doch ein schneller
Gang durch die Wohnung zeigte auf, dass es gar nicht so viele
alltägliche Dinge zu erledigen gab und mit einer Sanierung der
Wohnung, die sie durchaus einmal nötig hätte, wollte ich mich nicht
an meinem freien Wochenende herum plagen.
Ich ging
also weiter zu meinem Bücherregal. Ich sortierte alle Bücher, die
ich bereits gelesen hatte fein Säuberlich rechts von mir auf den
Boden und alle, die ich zwar noch nicht gelesen hatte, aber auch
nicht lesen wollte, links von mir. Übrig blieb ein leeres Regal.
Da sich die
Situation nun so anbot und ich ohnehin nichts anderes zu tun hatte,
holte ich nun einen Lappen aus der Küche und wischte das Regal so
Gründlich wie irgend möglich aus.
Als der
Staub nun Platz machte und mir die abgenutzten, hölzernen
Zwischenböden offenbarte, zögerte ich nicht lange, holte die
Holzlasur und begann das Regal auf Vordermann zu bringen.
Entweder,
bin ich während der Arbeit durch ein Wurmloch gefallen ohne es zu
bemerken, oder ich habe verdammt schnell gearbeitet. Jedenfalls war
ich nach meinem Empfinden fertig gewesen bevor ich überhaupt
angefangen hatte. Immer noch an der Wurmlochtheorie festhaltend,
schaute ich mich vorsichtig um, in Erwartung darauf, dass ich mit
einem Lappen durch die Tür kommen würde um das Regal sauber zu
machen. Ich überlegte sogar, was ich mir sagen würde. Dass das
Regal bereits gesäubert und neu lasiert war. Doch ich kam nicht.
Bald wurde
mir klar, dass dies auch gar nicht sein könnte, da ich ja dann
bereits erlebt hätte, wie ich... also... nun ja... die Sache mit den
Zeitreisen ist doch sehr speziell...
Nun befand
ich mich in einer Zwickmühle, denn ich hatte einerseits die auf dem
Boden befindlichen Bücher und auf der anderen Seite das frisch
gestrichene Regal. Ich war machtlos. Ich musste mich dem Zwang
ergeben einfach abzuwarten. Und so warf ich mich auf mein Bett um dem
Punkt faulenzen nachzugehen.
Die
folgenden 07:42 Minuten, lassen sich in drei Phasen teilen:
Phase
1: (eingetreten
nach 22 Sekunden)
Ich
langweile mich. Ich beginne leise zu summen.
Phase
2: (Eingetreten
nach 03:54 Minuten)
Das
Summen beginnt mich zu langweilen. Ich höre auf und beginne nach
kurzer Pause zu pfeifen.
Phase
3:
(Eingetreten nach 05:01 Minuten)
Ich
springe von meinem Bett auf und beginne, meine E-Zigarette als
Mikrofon haltend vor dem Spiegel dramatische Musicalsongs
nachzusingen.
Nach
07:42 Minuten, brüllt ein Nachbar über den Hinterhof, ich solle das
Fenster zumachen. Das Fenster war zu. Kurz war ich beeindruckt wie
laut dieser Nachbar brüllen konnte, dann überlegte ich was ich nun
tun sollte.
Draußen
schien die Sonne. Doch um raus zu gehen war ich zu träge. Es war ja
schließlich mein freies Wochenende.
Vorsichtig
fasste ich das Regal an um zu überprüfen, ob es den schon trocken
war. Es war noch nicht trocken. Ich wusch mir die Hände und mein
Blick fiel erneut aus dem Fenster.
Jetzt
kam mir eine hervorragende Idee. Ich holte meinen Liegestuhl aus
einer Ecke, stellte ihn vor das Fenster und einen Sixer Bier direkt
daneben. Das Wochenende konnte beginnen.
1
½ Bier später setzte wieder die Langeweile ein. Ich begann mir
sinnlos Apps und Spiele für mein Handy herunterzuladen. Eine
sogenannte Kuckucksapp, sollte jede volle Stunde damit einleiten,
dass ein digitaler Kuckuck aus einer digitalen Kuckucksuhr kam und
Radau machte. Den Radau konnte man selbstständig einstellen und der
Kuckuck kam dann im Rhythmus zu dem individuellen Radau aus seinem
Heim. Ein Wecker für Idioten wenn man so will. Nichts desto Trotz,
lud ich mir gleich noch den nervigsten und grausamsten Klingelton
herunter, den man sich vorstellen kann. Oder auch nicht vorstellen
kann. Er war wirklich schrecklich.
Weitere
zwei Bier Später wurden auch die Apps langweilig. Und nach weiteren
2 ½ Bier in tödlicher Langeweile, war der Abend für mich gelaufen.
Das Bier war alle.
Ich
überlegte ins Bett zu gehen doch dafür war es noch zu früh. Nicht
jedoch um den Rest des Tages in einer Kneipe zu verbringen.
Und
so begab ich mich in die schäbigste Szenekneipe, die ich finden
konnte, in der Hoffnung, hier billigen Alkohol abgreifen zu können.
Billig war er aber nicht vom Preis. Als ich ein Bier und einen Whisky
bestellte, bekam ich ein Sternburg und ein Glas Jack Daniels.
Erst
wollte ich mich beschweren, doch dann fiel mir wieder ein, dass ich
bereits sechs Bier getrunken hatte und einen Jack Daniels ohnehin
nicht mehr von einem Laphroaig unterscheiden konnte. Also nahm ich
das Gesöff hin und gleich noch vier weitere.
Im
Uhrzeigersinn drehte ich meinen Kopf über den Tresen um das drehen,
dass durch den Alkohol verursacht wurde auszugleichen. Ich hielt nur
kurz inne um einmal einen Schluck des guten verachtenswerten Giftes
zu mir zu nehmen und mich darauf hin schneller zu drehen um die
Runden wieder aufzuholen, die mein Kopf mir voraus war.
Dann
kam ein kahlköpfiger, tätowierter, grimmig drein blickender Genosse
an den Tresen und bestellte sich, ich zitiere: „Das beste, was
dieser Laden zu bieten hat.“
Er
bekam ein Sternburg und ein Glas Jack Daniels.
„Kollege!“
Sprach, oder lallte ich ihn an und sein grimmiger Blick wanderte zu
mir. „Setz dich, wir müssen reden.“
Noch
immer grimmig blickend setzte sich der geschätzte Kollege,
und ich begann einen Monolog. Ich erzählte, wie wenig ich an diesem
Wochenende doch zu tun hatte und das auch nichts da war, was mir
erlaubte es zu erledigen. „Nicht einmal die Wäsche!“ Lallte ich.
„Sonst habe ich immer Wäsche aber Heute, nichts!“
Weiter
erzählte ich ihm, dass das ja aber nun alles nicht mehr so schlimm
sei, da ich ja endlich einen Kneipenbruder gefunden habe. „Einen
guten Freund erkenne ich sofort, mit einem Blick.“ Beteuerte ich
und stieß mit ihm an.
Der
Mann blickte noch immer finster drein und ich hatte das Gefühl, dass
sogar seine Tattoos und sein kahler Kopf grimmig drein blickten. Es
war seltsam.
Ich
weiß nicht was ich mir dabei gedacht habe, vielleicht wollte ich das
Gespräch auf ihn lenken oder aber, ich wollte die Stimmung etwas
heben jedenfalls stellte ich im weiteren ungefähr folgende Frage:
„Mein
teuerster Freund, du hast ja eine schöne Glatze da auf dem Kopf aber
da stellt sich mir doch schon so lange eine Frage, die ich jetzt
einfach stellen muss. Bitte verzeih mir wenn es unhöflich ist aber,
benutzt du für deinen Kopf auch Haarshampoo oder benutzt du einfach
Bodylotion?“
Der
Mann begann lauthals an zu lachen und sagte: „Mein lieber Freund,
seit 20 Jahren gehe ich jeden Abend in diese Kneipe um meine Frau
nicht ansehen zu müssen und stehe erst kurz bevor ich wieder in die
Kneipe gehe auf. Mein Körper hat also seit 20 Jahren weder
Haarshampoo noch Bodylotion geschweige denn eine Dusche gesehen.
Bestenfalls eine Bierdusche.“
Vom
weiteren Verlauf des Abends weiß ich nicht viel. Ich wachte am
nächsten Morgen auf, weil ein Kuckuck aus meinem Handy sprang und
grausame Dinge herum radaute. Ich sprang auf, hielt mir meinen
hämmernden Schädel, wunderte mich über die Kahlköpfige Gestalt in
meinem Bett, ging versuchte mich zur Tür zu hangeln, stolperte über
die, zwar noch nicht gelesenen Bücher, die ich aber auch nicht lesen
wollte und landete im immer noch nicht trockenen Bücherregal.
Und
so begann mein Samstag.
Victor Ian Clockwork - In gedenken an ein unvergessliches und meiner Phantasie entsprungenes Wochenende.