Die Schule aus,
als Lohn seines Strebens
öffnet sich vor
ihm der Rest seines Lebens
doch weil er
vergebens der Pest eines Strebens
nach Anerkennung
und Respekt gefolgt
bleibt sein
Intellekt gewoll-
termaßen, weil
ihn nicht gewollt
hat, wer ihn so
beredt dann scholt,
ganz wie in ein
Versteck gerollt
Doch die Zeit hilfloser Wut
auf den Anerkannten, der tut
als ob er so wertlos sei
ist vorbei
„Doch was nun?“ denkt er sich,
eigentlich
weiß er nicht, was zu tun, wo er hin
soll mit sich
Eine Ausbildung, klar,
er bewirbt sich ein paar
mal, kriegt Absagen en masse
ganz klar, schlechtes Karma
Er sieht wie die anderen hier
triumphieren
und nach ein paar Jahr'n schon
Abteilungen führen
sieht all die, die ihn stets in der
Schule verlachten
jetzt auch noch die bess'ren Karieren
machen
sieht sie Partner finden, Familien
gründen
gemeinsam Probleme überwinden
Und er sieht sich selbst vorm Abgrund,
vorm Nichts
Ohne Job, ohne Freunde, ohne Zukunft
kaum mit Heute
Vom Leben gestraft, Ausschluss aus der
Gemeinde
Ganz allein nur mit sich sieht er
schließlich
diesen Aufruf, und es gibt ihm einen
Stich
als er liest: „Rette mit uns die
Menschheit, die Welt
ehe hier alles zusammenfällt
Denn die meisten Menschen folgen heute
dem Bösen
hab'n sich falsch informiert, falsche
Bücher gelesen
und sind deshalb jetzt ungläubig,
gegen den Geist
der uns Gläubigen das Paradies
verheißt
Drum kämpfe jetzt mit uns, zerstör
die Verräter
die Gottbetrüger, Übeltäter!
Siehst du nicht, dass es falsch läuft
in dieser Welt?
Die Verhältnisse sind auf den Kopf
gestellt
Hilf uns bei unserm Kampf, komm und
lass dich bekehr'n
und dann zieh in den Krieg, streite für
unsern HERRN!“
Diese Botschaft, sie packt ihn, so kann
man ihn erreichen
seine Feinde und deren
sind doch eigentlich die Gleichen!
Ein HERR, der will, dass er gegen die,
die ihn bloß-
gestellt haben, kämpft, ja der ist
wahrhaftig groß!
Also nimmt er die Waffe und zieht in
den Krieg
für den Gott, den es für ihn erst
seit ein paar Tagen gibt.
Kein Freund, der ihn aufhält, die
Familie fern
kriegt 'ne Nachricht per Facebook:
„Tschüss, ich kämpf' für den HERRN!“
Voller Begeisterung tritt er sodann
seine gewaltige Reise an
Fremdes Land, fremde Leute, ziemlich
sonderbare...
Was sie eint ist der Glaube, der einzig
wahre!
Hier ist er Bruder vor dem HERRN
trotzdem denkt er, er wüsste doch gern
was die Wurzeln seines neuen Glaubens
sind
was ihm denn wirklich Erlösung bringt
und fragt den einen seiner Kollegen
ob er die heilige Schrift ihm könn't
geben
weil er noch nicht lange dabei
gewesen...
Der lacht: „Die hab ich doch selbst
nie gelesen
Tu einfach, was unser Anführer sagt
der holt sich direkt beim HERRN seinen
Rat
Du solt'st nicht zum lesen zu uns
fliegen
Nimm deine Waffe. Du sollst für uns
siegen!“
So steht er dann wenige Wochen später
direkt an der Front, er weiß, dass ein
jeder
der anderen später und jetzt immer
wieder
für sie alle einsteht, ihm zittern die
Glieder
doch Angst hat er keine, was ihn nun
durchloht
ist des Eiferers Glaube. Treue bis in
den Tod!
Er hört Bomben fallen, Panzer dröhnen
Raketen einschlagen, Menschen stöhnen
Er packt seine Waffe mit festem Griff
und stürmt vorwärts, den Ohrschmerz
durch laute Geschütze
vergessend, denn er ist zu nichts
nütze.
Ringsum versinkt alles in Staub und
Geschrei.
Nur Schemen zu sehen. Er weiß nur,
dabei
handelt es sich wahrscheinlich um
Feinde,
denn er sieht, dass sie fliehen. Manche
sitzen und knien
und beten, doch nicht wirklich zum
HERRN, nicht zu IHM.
Diese Teufelsbrut hier, das weiß er
genau
betet zu falschen Göttern, denn wenn
sie den richtigen
hätten, dann wär'n sie ihm auch
verpflichtet
und müssten seine Gebote achten
so wie seine Anführer sie überbrachten
Sie würden mit ihm kämpfen,
nur für den rich-
tigen Herrn, trotzdem erschießt er sie
nicht.
Denn irgendwo hinter dem Kriegsgewühl
verbirgt sich bei ihm etwas Mitgefühl
Als er sich jedoch gleich darauf
umdreht
Hat schon ein and'rer sie niedergemäht.
Jetzt fliegen Granaten, dicht an dicht.
Was ihm nichts and'res übriglässt,
als durch die licht-
arme rauchfinst're Landschaft zu
kriechen und kurz
darauf findet er zwischen den Häusern
Schutz.
Auch in den Straßen hängt dichter
Rauch
er braucht etwas Luft, betritt ein Haus
atmet kurz ein und erstarrt.
Dort war-tet ein Mann.
Das Gewehr im An-
schlag, doch auch die Verzweiflung im
Gesicht.
Jetzt drückt er ab, doch es tut sich
nichts.
Ohne Waffe steht der Fremde nun vor
ihm,
sinkt langsam auf die Knie
und beginnt, mit Worten, die er noch
nie
gehört hat, zu bitten, eine fremde
Sprache
doch die Tränen versteht er, das ist
eine Sache
die ihn noch anzurühren vermag
Ganz kurz denkt er zurück an den Tag
an dem er das erste Mal das Opfer war
Ein Opfer der Worte, wie dieser da
ein Opfer der Taten werden wird
der Gedanke an Gnade kommt und irrt
ganz kurz durch sein Hirn, die
Entscheidung ist knapp...
Dann drückt er ab.
Verteilt Blut, Gehirn und
Knochensplitter
auf Boden und Wänden, wie ein Gewitter
dröhnt sein Gewehr, vor Verzweiflung
lacht
er, doch plötzlich spürt er die
Macht.
Dieses wilde Gefühl, dass Verzweiflung
verdrängt
Angst und Bedenken mit Adrenalin
überschwemmt
Was macht er denn eigentlich hier im
Haus?
Voll Taten- und Blutdurst stürzt er
hinaus
Ja, hier sind die Feinde, aus vollem
Rohr
schenkt er Tod und Schmerz aus, wer ihm
jetzt vor
die Mündung kommt, hat nichts mehr zu
lachen
Er ist sich nicht sicher über Schlaf
oder wachen
Er weiß nur, was er tut, tut er gern
denn es ist nicht sein Werk,
s'ist das Werk des HERRN!
Egal ob Mann oder Frau, ob Greis oder
Kind
gleich ob Elitesoldat oder taubstumm
und blind
Sie sind alle nur Feinde, das ist
alles, was zählt
Nicht willkommen in unserer Welt
Plötzlich, als er so durch die Straßen
wütet,
hört er ein nahes Pfeifen,
bevor er aber begreifen
kann, woher es kommt,
hört und spürt er schon prompt
die Detonation
mit grässlichem Ton
wirbelt es ihn durch die Luft davon.
Der Aufprall ist hart, doch schlimmer
noch
sind die Schmerzen an Brust, Hüfte und
am Kopf
Er versucht, sich zu bewegen
Doch da er kaum noch am Leben
ist, muss er sich wieder hinlegen.
Endlich öffnet er wieder die Augen
Ein verschwommenes Bild, er kann es
kaum glauben
Da steht jemand über ihn geneigt
Doch das ist ein Feind!
Wie kann das sein? Haben wir nicht
gesiegt?
Was ist mit der Bestimmung? Ich weiß
doch, es liegt
in unserem Auftrag, die Welt zu
bekehren
und mit Waffen die Ungläubigen zu
belehren
bis sie sich eines bess'ren besonnen
Warum hab'n wir dann nicht gewonnen?
Der feindliche Kämpfer grinst ihn an
„Sieh an, da hab'n wir ja einen Mann,
der noch überlebt hat. Du bist schon
arm dran.
Kannst du aufsteh'n?“ Der Verletzte
schüttelt den Kopf.
Der and're grinst breiter und öffnet
den Knopf
einer Tasche, er zieht die Pistole
heraus
und richtet sie langsam auf des
Gläubigen Bauch
„So ein Pech. Tragen können wir dich
leider nicht“
Und drückt ab und ihm wird es schwarz
vorm Gesicht.
Im Tode die Schmerzen, keine hohe
Gewalt
lässt ihn sanft entschweben, er merkt
schon bald
dass es kalt wird und dunkel, das Leben
scheint ferner
die Geräusche sind leiser, die Welt
würd' er gern
jetzt erreichen, doch leider ist sie zu
weit weg
er hat Angst zu sterben, doch es hat
keinen Zweck
Er denkt an seine Mutter, wie lang ist
es her
dass er sie in den Arm schloss, erst
jetzt, hinterher
wird ihm klar, wie sehr sie ihn und er
sie liebt
und dass es jetzt wohl keine Chance
mehr gibt
ihr Lebwohl zu sagen, einen kleinen
Trost
seine letzte Nachricht war ein
Facebookpost
Und der Schmerz und die Angst verbinden
sich
zu dem Schrecklichen Etwas, das ihm
schließlich
klarmacht: Kriege sind nie gerecht
Egal ob welt- oder hei-li(g/ch)
Es war sein letztes Gefecht.